Arbeitsgericht Dresden - Beschäftigungspflicht auch ohne gefährliche Injektion

Das Arbeitsgericht Dresden hat Recht gesprochen. Wie alle vernünftigen Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen schon immer vertreten haben, hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, auch wenn sich dieser nicht hoch gefährliche und unwirksame Mittel injizieren lässt. Dies könnte sich nur ändern, wenn das Gesundheitsamt ein Betretungsverbot ausspricht – so das Gericht. Aber auch darüber ist nach meiner Überzeugung noch lange nicht das letzte Wort gesprochen. Eigentlich hat das Arbeitsgericht Dresden eine Selbstverständlichkeit ausgeurteilt, aber was ist in unserer verrückten Zeit schon selbstverständlich.

Hier das Urteil im Wortlaut:

Aktenzeichen: 9 Ga 10/22
Verkündet am 29. März 2022

Frau XXXXXXX
Urkundsbeamtin
I m N a m e n d e s V o l k e s
Urteil

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

XXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXX
– Verfügungsklägerin –

Prozessbevollm.: XXXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXX

g e g e n

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
– Verfügungsbeklagte –

Prozessbevollm.: XXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXxxxxx

wegen sonstiger Bestandsstreitigkeit

hat das Arbeitsgericht XXXXXX, X. Kammer, durch den Richter am Arbeitsgericht XXXXXXX als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Herr XXXX und Herr XXXXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2022

f ü r R e c h t e r k a n n t :

1. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, die Verfügungsklägerin bis zur Entscheidung des Gesundheitsamtes XXXXX, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache der I. Instanz zu unveränderten Bedingungen als Pflegefachkraft und Qualitätsmanagerin in der Betriebsstätte XXXXX XXXXXXXXXX zu beschäftigen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfügungsbeklagte.

3. Der Streitwert beträgt 3.156,00 EUR

gez. XXXXX gez. XXXXX gez. XXXX
Richter am Arbeitsgericht - ehrenamtliche Richter –

T a t b e s t a n d :

Die Verfügungsklägerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die tatsächliche Beschäftigung nach einseitiger Suspendierung durch die Verfügungsbeklagte.

Die 37jährige und drei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtete Verfügungsklägerin wurde von der Verfügungsbeklagten mit Wirkung vom 01.09.2020 als Qualitätsmanagerin in die Betriebsstätte XXXXXXXXXXXX eingestellt (Anlage Ast 1 zur Antragsschrift vom 21.03.2022 – Blatt 6 bis 15 der Akte). Bei einer Vollzeittätigkeit mit 40 Wochenarbeitsstunden erhielt die Verfügungsklägerin eine monatliche Bruttovergütung i.H.v. 3.156,00 EUR. Sie arbeitete nach den Stellenbeschreibungen vom 02.04.2020 als Qualitätsbeauftragte und Pflegefachkraft (Anlage Ast 2 zur Antragsschrift vom 21.03.2022 – Blatt 16 bis 18 der Akte)

Bei der XXXXXXXXXXXXX handelt es sich um eine vollstationäre Einrichtung.

Die Verfügungsklägerin ist gegen den Covid19-Virus nicht geimpft.

Die Verfügungsbeklagte hat die Verfügungsklägerin mehrfach zur Vorlage eines gültigen Impf- oder Genesenennachweises aufgefordert und auf die unbezahlte Freistellung ab dem 16.03.2022 hingewiesen, so im Schreiben vom 16.12.2021 (Anlage Ast 6 zum Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 25.03.2022 – Blatt 41/42 der Akte). Mehrfach führte die Verfügungsbeklagte Gespräche mit der Verfügungsklägerin, die zuletzt geäußert hat, sich nicht impfen lassen zu wollen.

Die Verfügungsklägerin hat bis zum 15.03.2022 keinen Nachweis bei der Verfügungsbeklagten über ihren Impfstatus bzw. Genesenenstatus oder eine medizinische Kontraindikation vorgelegt.

Mit Schreiben vom 15.03.2022 (Anlage Ast 4 zur Antragsschrift vom 21.03.2022 –
Blatt 20/21 der Akte) stellte die Verfügungsbeklagt die Verfügungsklägerin ab dem 16.03.2022 ohne Fortzahlung des Arbeitsentgeltes von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung bis auf Weiteres widerruflich frei je nach Gesetzeslage, jedoch längstens bis zum 31.12.2022.

Mit Schreiben vom 16.03.2022 ( Anlage Ast 5 zur Antragsschrift vom 21.03.2022 – Blatt 22/23 der Akte) machte die Verfügungsklägerin bei der Verfügungsbeklagten ihre tatsächliche Beschäftigung und Vergütung geltend.

Am 21.03.2022 ging der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Verfügungsklägerin beim Arbeitsgericht XXXXXX ein.

Die Verfgügungsklägerin vertritt die Auffassung, dass die Verfügungsbeklagte nicht berechtigt sei, sie unbezahlt freizustellen, auch wenn sie die geforderten Bescheinigungen nicht vorgelegt habe. Sie stehe im ungekündigten Arbeitsverhältnis und habe gem. § 611 a BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag einen Beschäftigungsanspruch. § 20 a IfSG stütze den Freistellungsanspruch der Verfügungsbeklagten nicht. Das Gesetz ordne für die Bestandsarbeitsverhältnisse in § 20 a Abs. 2 IfSG an, dass bei fehlendem Nachweis dieser Umstand dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden sei und das Gesundheitsamt die weiteren Maßnahmen zu veranlassen habe (§ 20 a Abs. 5 IfSG). Die Untersagung einer Beschäftigung in § 20 a Abs. 3 IfSG richte sich ausschließlich an Neueinstellungen nach dem 15.03.2022. Diese Betrachtung der rechtlichen Vorschrift ergebe sich aus § 20 a IfSG und entspreche der Begründung der Gesetzesvorlage in der BT-Drucksache 20/188. Solange das zuständige Gesundheitsamt in Meißen hinsichtlich der Klägerin keine Entscheidung in Bezug auf ein Betretungsverbot getroffen habe, sei die Verfügungsbeklagte zu ihrer Beschäftigung verpflichtet. Der Gesetzgeber habe einseitige Suspendierungen vermeiden wollen. Der Verfügungsgrund ergebe sich schon daraus, dass wegen Zeitablaufs ein endgültiger Rechtsverlust drohe. Eine Freistellung mit einer Dauer von einem dreiviertel Jahr würde für sie zu erheblichen Wissensverlusten und damit zu einer Verschlechterung ihrer beruflichen Fähigkeiten führen.

Die Verfügungsklägerin stellt folgende Anträge:

I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Antragstellerin bis zu einer Entscheidung des XXXXXXXX, die der Antragstellerin die Tätigkeit in einer Einrichtung der Antragsgegnerin untersagt, zu unveränderten Bedingungen als Pflegefachkraft und Qualitätsmanagerin in der Betriebsstätte XXXXXXXX zu beschäftigen.

II. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, angedroht.

Die Verfügungsbeklagte stellt den Antrag,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie trägt zur Begründung vor, dass die Verfügungsklägerin bis heute keinen Impf- oder Genesenennachweis vorgelegt habe bzw. ein ärztliches Zeugnis auf eine medizinische Kontraindikation. Damit habe die Verfügungsklägerin eine nach ihrer Sicht normierte gesetzliche Tätigkeitsvoraussetzung nach § 20 a Abs. 1 IfSG nicht erfüllt, sodass eine Beschäftigung nicht möglich sei. Sie vertrete die Auffassung, dass § 20 a Abs. 1 IfSG ein Beschäftigungsverbot zum Inhalt habe für Personen, die in einer dort genannten Einrichtung tätig seien und nicht vollständig geimpft oder genesen seinen oder bei denen eine medizinische Kontraindikation nicht vorliege. Dies sehe der Wortlaut des Gesetzes zwingend vor. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, dass es sich dabei um eine gesetzliche Tätigkeitsvoraussetzung und damit um eine rechtliche Pflicht aus dem Arbeitsrecht i.S.d. § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG handele. Das Gesetz regele in § 20 a Abs. 1 IfSG ein gesetzliches Tätigkeitsverbot. Die Absätze 2 bis 5 IfSG würden dagegen nur das Vorgehen bezüglich des Nachweises über diese Tätigkeitsvoraussetzung regeln. Die Aussagen verschiedener Ministerien seien unbeachtlich. Im Übrigen habe die Verfügungsklägerin keinen Verfügungsgrund dargelegt und glaubhaft gemacht.

Bezüglich des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze sowie auf das unangekündigte mündliche Vorbringen in der Sitzung Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I .

Der Antrag ist zulässig.

Der Leistungsantrag ist hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO.

II.

Der Antrag ist begründet.

1. Gem. § 62 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 935 ff. ZPO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Verfügung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Verhältnis erlassen gem. § 940 ZPO, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sogenannte Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist das Vorliegen eines Verfügungsanspruches und eines Verfügungsgrundes.

Dabei bezieht sich der Verfügungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Verfügungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Verfügungsgrund verlangt das Gesetz für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 940 ZPO). Es muss ein gewichtiges Interesse der Verfügungsklägerin vorliegen, auf Grund dessen es ihr nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Die Tatsachen, die den Verfügungsanspruch und den Verfügungsgrund begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO).

Eine einstweilige Verfügung, die auf die Befriedigung eines Rechts abzielt, ist trotz ihrer nicht nur sichernden, sondern befriedigenden Wirkung und der damit verbundenen Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache ausnahmsweise dann zulässig, wenn sie zur Erfüllung des rechtsstaatlichen Justizgewährungsanspruchs auf effektivem Rechtsschutz erforderlich ist. Das rechtsstaatliche Gebot effektiven Rechtsschutzes gilt jedoch nicht nur für den Gläubiger, sondern auch für den Schuldner, insbesondere dann, wenn die Vollziehung der Befriedigungsverfügung ebenso wie die Verweigerung der Befriedigungsverfügung zu irreversiblen Rechtsverlust führt, wie dies bei Dauerschuldverhältnissen häufig der Fall ist. Deswegen ist eine besondere Ausgewogenheit und der Abwägung der Interessen beider Parteien im jeweils gegebenen Einzelfall erforderlich.

2. Die Klägerin hat einen Beschäftigungsanspruch aus unbeendetem Arbeitsverhältnis gem. § 611 a Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag vom 02.09.2020. Die Arbeitgeberin ist danach verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu zahlen und das ideelle Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers durch tatsächliche Beschäftigung zu befriedigen. Hergeleitet wird dies aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (§§ 611 a Abs. 1, 613, 242 BGB) unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Artikel 1 und 2 GG (BAG, Urteil vom
27.05.2020 – 5 AZR 247/19 – Rz. 23 – aus juris).

Eine einseitige Suspendierung von der Arbeit ist wegen des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers im bestehenden Arbeitsverhältnis rechtlich nicht zulässig (BAG, Urteil vom 21.09.1993 – 9 AZR 335/91 – Rz. 11 – aus juris).

Nach diesen Grundsätzen besteht ein Verfügungsanspruch auf tatsächliche Beschäftigung für die Klägerin.

Das Arbeitsverhältnis der Verfügungsklägerin mit der Verfügungsbeklagten wurde am 01.09.2020 begründet und ist ungekündigt.

Soweit sich die Verfügungsbeklagte auf § 20 a IfSG stützt, sieht die Systematik des § 20 a IfSG für Bestandsarbeitsverhältnisse eine einseitige Suspendierung der Arbeitspflicht durch den Arbeitgeber nicht vor. Nachdem § 20 a Abs. 1 IfSG regelt, in welchen Einrichtungen ab 15.03.2022 die dort tätigen Personen über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen müssen bzw. über eine medizinische Kontraindikation, regelt § 20 a Abs. 2 IfSG, wie mit schon vor dem 15.03.2022 beschäftigten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen umzugehen ist und Abs. 3 des § 20 a IfSG regelt den Umgang mit Neueinstellungen. Diese Systematik ergib sich aus dem Inhalt von Absatz 2 und Absatz 3. In Abs. 2 Satz 2 sind die Folgen geregelt bei Nichtvorlage des Nachweises bis zum Ablauf des 15.03.2022. Dies setzt voraus, dass vor dem 15.03.2022 eine Vertragsbeziehung besteht. Absatz 3 befasst sich mit den Folgen bei fehlender Vorlage des Nachweises bei Aufnahme einer Tätigkeit am 16.03.2022. Wenn damit Bestandsarbeitsverhältnisse nach Ablauf der Vorlagefrist gemäß Absatz 2 erfasst wären, besteht für Absatz 2 kein Regelungsbedarf. Dieser Unterschied macht deutlich, dass in Absatz 2 die Bestandsarbeitsverhältnisse geregelt werden und in Absatz 3 die Neueinstellungen. Diese Systematik findet sich in der Begründung zum Gesetz zur Gesetzesvorlage zu § 20 a IfSG in der BT-Drucksache 20/188 wieder. Darin heißt es:

„… Zu Absatz 2 Absatz 2 regelt das Verfahren für Personen, die in den genannten Einrichtungen bereits tätig sind. …

Zu Absatz 3
Absatz 3 regelt das Verfahren für Personen, die in den genannten Einrichtungen ab dem 16.03.2022 neu tätig werden wollen.“

Das von der Verfügungsbeklagten herangezogene Verbot der Beschäftigung ist ausschließlich im § 20 a Abs. 3 Satz 4 IfSG für die Neueinstellungen geregelt. Die von der Verfügungsbeklagten herangezogene Passage aus der BT-Drucksache 20/188 findet sich auch im Abschnitt zur Begründung von Absatz 3 wieder.

In § 20 a Abs. 2 IfSG fehlt es an einem gesetzlichen Verbot der Beschäftigung der Bestandsarbeitnehmerinnen und –arbeitnehmer nach dem 15.03.2022, soweit diese nicht einen entsprechenden Nachweis vorlegen. Als Rechtsfolge ist in § 20 a Abs. 2 Satz 2 IfSG die Regelung enthalten, dass die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt über die Person benachrichtigen muss, die diesen geforderten Nachweis nicht erbracht hat. Danach hat dann gem. § 20 a Abs. 5 IfSG das Gesundheitsamt darüber zu entscheiden, ob sie den betroffenen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern untersagen, den Betrieb zu betreten. Die Rechtsfolge eines gesetzlich normierten Tätigkeitsverbots ist für diese Beschäftigtengruppe in § 20 a IfSG nicht enthalten.

Der Verfügungsbeklagten steht somit ein Suspendierungsrecht nicht zur Seite.

Die einseitige Suspendierung der Verfügungsklägerin durch die Verfügungsbeklagte von der Verpflichtung zur Arbeit mit der Verbindung, dass die Verfügungsbeklagte die vereinbarte Vergütung an die Klägerin nicht mehr zahlt, ist ein schwerwiegender Eingriff in das Arbeitsvertragsverhältnis und würde bei Zulässigkeit eines derartigen Vorgehens den nach Maßgabe von § 2 KSchG geregelten Schutz vor einseitigen vom Arbeitgeber verfügten inhaltlichen Änderungen umgehen.

3. Der Verfügungsgrund ergibt sich aus dem Verlust Klägerin an der Verwirklichung ihrer Persönlichkeit durch eine tatsächliche Beschäftigung in Verbindung mit der Erzielung ihres für den Lebensunterhalt notwendigen Einkommens.

Auch wenn es sich hier vorliegend um eine Befriedigungsverfügung handelt, ist unter Berücksichtigung des fehlenden Suspendierungsgrundes und damit starken Verfügungsanspruches an den Verfügungsgrund keine sehr strenge Anforderung zu stellen.

„Auch wenn der sukzessive Untergang des Beschäftigungsanspruches durch Zeitablauf für den Verfügungsgrund allein nicht ausreicht, ist andererseits zu beachten, dass stets eine Wechselwirkung zwischen dem Verfügungsanspruch und dem Verfügungsgrund besteht. Je mehr für das Vorliegen des Verfügungsanspruchs spricht, desto geringere Anforderungen sind an den Verfügungsgrund zu stellen.“ (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.05.2021 – 3 SaGa 1/21 – aus juris).

„Ist die Rechtslage im Hinblick auf das Bestehen des Verfügungsanspruches eindeutig, muss der Arbeitnehmer kein besonderes Beschäftigungsinteresse darlegen, denn der Arbeitgeber kann kein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung eines ersichtlich rechtswidrigen Zustandes haben. Die Dringlichkeit folgt im bestehenden Arbeitsverhältnis daraus, dass die verfassungsrechtlich geschützte Position des Arbeitnehmers unwiederbringlich beeinträchtigt wird.“ (LAG Hamm, Urteil vom 05.02.2021 – 12 SaGa 1/21 – aus juris).

Diesen Rechtsgrundsätzen schließt sich die erkennende Kammer im vollen Umfang an. Die Verfügungsbeklagte hat im bestehenden Arbeitsverhältnis auf Grund der vorliegenden Gesetzeslage kein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung des Zustandes der Suspendierung der Klägerin ohne Fortzahlung der Vergütung für einen Zeitraum von 9 Monaten.

Dem Beschäftigungsanspruch der Klägerin war deswegen stattzugeben, jedoch unter der Einschränkung der Wirkung bis zu einer Entscheidung des Gesundheitsamtes, längsten bis zur Entscheidung in der Hauptsache I. Instanz.

4. Gem. § 888 Abs. 2 ZPO findet eine Androhung von Zwangsmitteln nicht statt.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Verfügungsbeklagte, da sie unterlegen ist.

IV.

Der Streitwert wird in Höhe eines Monatsbruttoeinkommens der Verfügungsklägerin festgesetzt. Auf Grund der Befriedigungswirkung wird ein Abschlag für den einstweiligen Rechtsschutz nicht vorgenommen.

Rechtsmittelbelehrung
1. Gegen dieses Urteil kann von die Verfügungsbeklagte Berufung eingelegt werden.
Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim
Sächsischen Landesarbeitsgericht,
Zwickauer Straße 54, 09112 Chemnitz
eingelegt werden.
Sie ist gleichzeitig oder innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 46c Abs. 4 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Informationen hierzu können über das Internetportal des Bundesarbeitsgerichts (www.bundesarbeitsgericht.de/) abgerufen werden.
Die Einreichung des Rechtsbehelfs/Rechtsmittels durch eine einfache E-Mail wahrt dagegen die Form nicht.
Auf die ab dem 01.01.2022 nach § 46g Satz 1 ArbGG für Rechtsanwälte, Behörden oder juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse und nach Maßgabe des § 46g Satz 2 ArbGG für vertretungsberechtigte Personen bestehende Nutzungspflicht zur Übermittlung in elektronischer Form wird hingewiesen.
Berufungsschrift und Berufungsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Sie können auch von einem Vertreter einer Gewerkschaft oder von einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von einem Zusammenschluss solcher Verbände unterzeichnet werden, wenn dieser kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt ist und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Satz 2 des Absatzes gilt entsprechend für Bevollmächtigte, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Satz 2 des Absatzes genannten Organisationen stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. Mitglieder der in Satz 2 des Absatzes genannten Organisationen können sich durch einen Vertreter eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung vertreten lassen. Satz 3 des Absatzes gilt entsprechend.
2. Für die Verfügungsklägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Die Berufungsbegründung und weitere Schriftsätze sollen dem Sächsischen Landesarbeitsgericht in fünffacher Fertigung vorgelegt werden. Dies gilt nicht bei Einreichung in elektronischer Form.

gez.XXXXXX
Richter am Arbeitsgericht

Gute Arbeit des Arbeitsgerichts Dresden, danke an den Kollegen!

Ihnen und den Familien alles Gute und Gottes Segen.

Ihre

Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwlat für arbeitsrecht


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