Erbrecht: Erbausschlagungsfrist

Vor kurzem hatten wir einen Mandanten bezüglich einer Erbausschlagung beraten. Das Nachlassgericht war zunächst der Auffassung, dass unser Mandant das Erbe nicht mehr ausschlagen könne, da die Ausschlagungsfrist abgelaufen sei.

Dabei hatte jedoch das Nachlassgericht die besonderen Umstände des Falls nicht beachtet: Unser Mandant hatte zu dem verstorbenen Familienmitglied seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr. Über die persönlichen Verhältnisse des Verstorbenen war unser Mandant nicht informiert; ebenso wenig war etwas darüber bekannt, ob der Verstorbene ein Testament hatte oder nicht.

Unser Mandant hatte dann lediglich vom Nachlassgericht die Mitteilung darüber erhalten, dass das Familienmitglied verstorben ist und unser Mandant als Erbe in Betracht komme. Aus welchem Grunde unser Mandant Erbe werden sollte, wurde vom Nachlassgericht nicht näher ausgeführt. Es war also nach wie vor offen, ob eine gesetzliche Erbfolge Anwendung finden sollte oder eine Erbenbestimmung durch Testament. Ebenso wenig war unserem Mandant etwas über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verstorbenen bekannt; es waren Schulden im Nachlass zu befürchten.

Wir hatten dann unseren Mandant gegenüber dem Nachlassgericht vertreten und auf den fehlenden familiären Kontakt und die fehlenden Informationen über ein Testament hingewiesen. Bei solchen Umständen geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine Frist zur Erbausschlagung noch nicht zu laufen beginnt. Es ist für einen möglichen Erben sehr wichtig zu wissen, ob ein Testament vorliegt oder nicht. Eine Entscheidung aus der Rechtsprechung wurde erst kürzlich auf diese Argumentation gestützt (OLG Schleswig, Az. 3 Wx 96/15). Aufgrund unserer Argumentation hat das Nachlassgericht schließlich die Erbausschlagung unseres Mandanten akzeptiert.

Samuel Göth
Rechtsanwalt


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