Geschwindigkeitsmessanlage LEIVTEC XV3– nicht gleich aufgeben!

Wenn Ihnen schon einmal der Vorwurf gemacht worden ist, sie seien zu schnell gefahren, könnte dahinter stehen eine Geschwindigkeitsmessung mit der Geschicklichkeitsmessanlage LEIVTEC XV3. Es handelt sich um ein Lasermessgerät, welches in regelmäßigen Abständen Lichtimpulse im Infrarotbereich sendet, welche an einem, im Messbereich befindlichen Objekt reflektiert werden. Aufgrund der Laufzeit der Laserimpulse kann die Entfernung des Objektes bestimmt werden. Verändert ein Objekt zwischen 2 einzelnen Messungen seine Position wie z.B. bei einem fahrenden Fahrzeug, kann aufgrund der Entfernungsdifferenz zwischen den einzelnen Messungen und dem entsprechenden Zeitversatz die Geschwindigkeit des Objektes bestimmt werden.
Zur Messwertbildung wird eine Fahrtstrecke von mindestens 8 m überwacht, welche frühestens in einer Entfernung von 50 m beginnt und spätestens in einer Entfernung von 30 m endet.

Bei Geschwindigkeiten von weniger als 20 km/h kann die Messung auch nach 1,5 Sekunden bereits beendet werden, obwohl die Mindeststrecke von 8 m noch nicht zurückgelegt wurde.
Bei Einfahrt eines zu messenden Fahrzeuges wird ein Standbild vom Einfahren in den Messbereich im Zwischenspeicher abgelegt. Sofern sich bei der Messung keine Überschreitung ergibt, wird das Foto wieder gelöscht.

Wenn eine Überschreitung festgestellt wird, wird ein Standbild vom Messende zusammen mit dem Foto vom Messbeginn mit den entsprechenden Dateneinblendungen versehen und in einer Datei zusammengefügt. Diese Falldatei wird dann mit einer digitalen Signatur versehen, welche nur mittels einer vom Hersteller zertifizierten Programms zu öffnen ist.
Das Messgerät darf gemäß der Bedienungsanweisung nur bei Außentemperaturen zwischen -10 °C und +45 °C betrieben werden.
Das zu messenden Fahrzeug muss im sogenannten Messfeldrahmen des Beweisfotos abgebildet sein.
Eine Beeinflussung der Messung kann vorliegen, wenn ein hinterher fahrendes Fahrzeug während der gesamten Messung, d. h. in beiden Fotos zumindest 1/3 im Messrahmen enthalten ist.
Um eine Manipulation der Fotodaten auszuschließen, wird im Rahmen der Zulassung dieses Messgerätes gefordert, dass die Daten mit einer digitalen Signatur zu versehen sind. Dies soll der Beweis Sicherheit aus technischer Sicht genügen.
Vor der Messung müssen die Messbeamten alle Geräte und Kabel auf sichtbare Schäden sowie die Eichsiegel und Eichaufkleber auf Unversehrtheit überprüfen. Erst wenn alle Kabel angeschlossen sind, darf der Akku eingeschaltet werden.

Während der Messung hat nur die Messwertanzeige am eigentlichen Messgerät Beweiskraft. Die Darstellung der Ergebnisse auf dem Monitor ist nicht geeicht. Sie dient zur Information des Bettinas ohne Beweiskraft.
Die Geschwindigkeitsmessung mit der Geschwindigkeitsmessanlage LEIVTEC XV3 ist eine von der Rechtsprechung sogenanntes standardisiertes Messverfahren. Das bedeutet, dass erfahrungsgemäß die Messergebnisse fehlerfrei sein sollten und den Tatsachen entsprechend. Rechtlich entsteht dadurch das Problem, dass der Betroffene diesen Anschein erschüttern muss.
Es ist in unserer Kanzlei auch schon mehrfach gelungen, wenn auch mit sachverständiger Hilfe. Ihr Rechtsschutzversicherer hat sich verpflichtet, auf seine Kosten ein Gutachten zu finanzieren eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Geschwindigkeitsmessanlagen.
Es gibt aber auch immer wieder bahnbrechende Entscheidungen, die die Rechtsprechung aufwühlen. Am 8. Dezember 2017 erfolgte vor dem Amtsgericht Jülich, 12 OWi-806 Js 2072/16-122/16 ein Freispruch in einer Verkehrsordnungswidrigkeit, welche ebenfalls mit dem Messgerät Typ LEIVTEC XV3 erfolgte.

Unter anderem heißt es darin:

Im Hauptverhandlungstermin beantragte die Verteidigung die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Zulassung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, da der durch die PTB verwendete Prüfling mit Kabeln ausgestattet gewesen sei, die über 3 Meter lang gewesen seien. Sodann wurde der Sachverständige … durch die Dezernatsvorgängerin mit der Gutachtenstellung beauftragt. Nach anfänglichem Widerspruch wurden diesem durch die PTB die der Zulassung zugrunde liegenden und das nachträglich 2015 eingeholte EMV-Gutachten übersandt. Diese wurden von dem Sachverständigen durch Beauftragung eines externen, bislang unbeteiligten Prüflabors, der … AG in … geprüft. In seinem Gutachten vom 14.08.2017 Bl. 99 ff. der Akten und der Erläuterung hierzu im Hauptverhandlungstermin vom 08.12.2017 kam der Sachverständige, unter Einbeziehung dieses externen Gutachtens, zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Zulassung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Das Gerät sei trotz Verstoßes gegen die Zulassungsvoraussetzungen der PTB.A zugelassen worden.

Soweit der Sachverständige zu dem Ergebnis kommt, dass gegen die PTB-A 18.11 DIN EN61000 Abs. 4 – 4 verstoßen worden sei, da der insoweit erforderliche Test bezüglich schneller transienter Störgrößen („burst“) nicht durchgeführt worden sei, kann dies nicht überzeugen. Denn diese Prüfung ist nur erforderlich, wenn Signalleitungen eine Kabellänge von über 3 Metern aufweisen. Vorliegend hat zwar der PTB vorliegende Prüfling gegen diese Vorgaben verstoßen, jedoch wurde auch nur ein Gerät mit einer entsprechenden Kabellänge von unter 3 Metern zugelassen. Folgerichtig wurde durch die PTB in dem Schreiben vom 22.05.2015 mitgeteilt, dass die entsprechenden Geräte an die Zulassungsvorgaben angepasst werden müssen.
Allein durch die Anwendung eines Prüflings, dessen Kabel diese Länge überschreiten, ergibt sich nicht per se etwas anders. Zwar kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Prüfbedingungen auch in den nachträglichen Prüfungen nicht wiederhergestellt werden konnten, da statt eines Akkus ein Netzteil verwendet und die bereits gekürzten Kabel künstlich auf 3 Meter verlängert wurden, dies ist vorliegend jedoch ohne Belang. Denn auch aus dem Gutachten ergibt sich gerade nicht, dass durch Verwendung eines Prüflings mit längeren Kabeln eine geringere Prüfschärfe erreicht würde; vielmehr ist davon auszugehen, dass – wie auch von der PTB eingewandt – die Prüfung mit einem Gerät mit längeren Kabeln grundsätzlich fehleranfälliger ist. Wenn demnach bei diesem Prüfling keine Fehler auftraten; dürfte das bei einem Prüfling mit kürzeren Kabeln erst recht nicht der Fall sein. Das Kammergericht Berlin hat hierzu ähnlich entschieden (KG Berlin Beschuss vom 30.11.2016 Az 3 Ws (B) 592/16 – 122 Ss 169/16; 305 OWi-3014 Js-OWi 6971/16–464/16, Bl. 79 ff d.A.; KG Berlin Beschluss vom 01.02.2017 Az 3 Ws (B) 12/17 – 122 Ss 3/17 in VRS 131, 169).
Jedoch sind im Rahmen der Überprüfung der EMV-Gutachten weitere Fehler im Zulassungsverfahren durch den Sachverständigen festgestellt worden, die nicht mit der Kabellänge des streitgegenständlichen Kabels zwischen Rechner- und Bedieneinheit zusammenhängen. Hinsichtlich der Prüfung zum Unterpunkt 4-2 der Entladung statischer Elektrizität (ESD) wurde zwar die Prüfung im ursprünglichen EMV-Gutachten aus dem Jahre 2005 nur mit einer Stärke von +/- 4 kV statt +/- 6 kV durchgeführt, dies wurde jedoch durch die PTB laut ihrer Stellungnahme vom 3.11.2017 (Bl. 137 d. A.), die ebenfalls gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 OWiG zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde, nachgeholt. Die entsprechenden Prüfberichte wurden trotz telefonischer Anfrage des Gerichtes (Telefonvermerk vom 04.12.2017 Bl. 137a Rück d .A.) dem Sachverständigen … jedoch nicht zur eigenen Überprüfung vorgelegt. Hinsichtlich der Prüfung zum Unterpunkt 4-4, der schnellen transienten elektrischen Störgröße („burst“), wurde die Prüfung durch das EMV-Gutachten aus dem Jahre 2015 mit einer höheren Prüfschärfe, nämlich +/- 2 kV statt +/- 1 kV nachgeholt, so dass insoweit, auch nach Auffassung des Sachverständigen …, keine Bedenken mehr gegen die Einhaltung der Voraussetzungen der PTB/A bestehen.
Hinsichtlich der Vorgaben zur Resistenz gegen hochfrequente elektromagnetische Felder des Gehäuses (Ziff. 4-3) und der Leitungen (Ziff. 4-6) sowie Magnetfeldern mit energietechnischen Frequenzen (Ziff. 4-8) ist jedoch das Gerät nicht ausreichend auf Magnetfeldresistenz überprüft worden. Insbesondere bezüglich der Prüfungen zu Ziff. 4-8 ist das Gerät nur in der X-Achse geprüft worden, in Y- und Z-Achse wurde das Gerät jedoch nicht geprüft. Warum die Prüfung insoweit nur in Teilen erfolgt ist, ist nicht nachvollziehbar. Aus den Gutachten der hierzu beauftragten Firma …….. GmbH ergibt sich, dass diese Prüfung auf Vorgabe des Herstellers auf die X-Achse beschränkt wurde (S. 8 des EMV Gutachtens Anlage A4 des Gutachtens …, Anmerkung 2: „Auf Kundenwunsch nur in der X-Achse auf >115 A/m durchgeführt“). Die PTB erklärte in ihrer Stellungnahme vom 3.11.2017 hierzu, dass Magnetfeldresistenzprüfungen nicht erforderlich gewesen seien, da das Gerät keine magnetfeldsensiblen Bauteile enthalte. Nachdem der Sachverständige … im Termin erläuterte, dass dies für ihn nicht nachvollziehbar sei und mit Sicherheit magnetfeldsensible Bauteile in dem Gerät verbaut seien, wurde im Hauptverhandlungstermin vom 08.12.2017 mit der PTB telefonisch Rücksprache genommen. Der durch den Sachbearbeiter … hinzugezogene Fachbereichsleiter für Geschwindigkeitsmessgeräte … erklärte diesbezüglich, dass er versichern könne, dass magnetfeldsensible Bauteile nicht verbaut seien. Er sei sich dessen sicher, da die Bauteile durch den Hersteller durch Offenlegung der kompletten Bauanleitung mitgeteilt worden seien. Auf Nachfrage, warum die Prüfung dann nur in dem Blick auf die X-Achse erfolgt sei, erklärte …, dass auch diese Prüfung nicht erforderlich gewesen wäre. Auf Nachfrage, wie es zu der Beschränkung der Prüfung auf die X-Achse gekommen sei, erklärte er, dies könne auf Seiten der PTB nicht mehr nachvollzogen werden, da der damalige Sachbearbeiter für Rückfragen nicht mehr zur Verfügung stehe. Der Sachverständige … bestätigte hierzu nochmals, dass es aus seiner sachverständigen Sicht nicht möglich sei, dass keine magnetfeldsensiblen Teile verbaut wären. In dem Gerät seien mit Sicherheit Platinen und ähnliche Geräteteile verbaut, die magnetfeldsensibel reagierten. Da der hinzugezogene Sachverständige … als renommierter und öffentlich vereidigter Sachverständiger für Geschwindigkeitsmesstechnik zu dem eindeutigen Ergebnis kam, dass diese Prüfungen bei dem vorliegenden Gerät erforderlich gewesen wären, bestehen insoweit zumindest begründete Zweifel, zumal nicht mehr nachvollziehbar war, warum eine Prüfung teilweise durchgeführt worden ist, wenn sie grundsätzlich nicht erforderlich sein soll. Zugunsten des Betroffenen war daher im Zweifel von einer Notwendigkeit der gesamten Prüfung auf Magnetfeldresistenz auszugehen. Nach Angaben des Sachverständigen … hätten die Abweichungen von den Zulassungsbedingungen der PTB.A auch nach § 16 Abs. 3 Eichordnung in der Zulassung festgelegt werden müssen. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Außerdem betreffe der vorliegende Test im Wesentlichen auch das Gehäuse und nicht nur Bauteile des Gerätes.
Im Hinblick darauf, dass vorliegend keine ordnungsgemäße Zulassung durch die PTB vorliegt, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass im Sinne eines standardisierten Messverfahrens unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse erzielt werden.
Da aus diesen Gründen kein standardisiertes Messverfahren vorliegt, musste die Messung als solche auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Grundsätzlich wird durch das Gerät durch Sammlung einer Vielzahl von Messwerten über die gesamte Auswertestrecke eine durchschnittliche Geschwindigkeit errechnet. Seit Aufspielung der im 1. Nachtrag zur 1. Neufassung der Bauartzulassung vom 30.12.2014 zugelassenen Programmversion der Betriebssoftware 2.0 der Rechnereinheit werden diese Messdaten jedoch nicht mehr in dem entsprechenden Falldatensatz gespeichert. Das Gerät speichert nur noch die Daten „Messung Start- und Ende-Distanz“, „Auswertung Start- und Ende-Distanz“ und „Zeitdifferenz zwischen Messung Start- und Ende-Bild“, alle anderen Daten werden systematisch in der Speicherung auf Null gesetzt (Feststellungen des Sachverständigen …, S. 29 f des Gutachtens). Eine nachträgliche Überprüfung der konkreten Messung durch einen Sachverständigen ist daher nicht mehr möglich, so dass der Geschwindigkeitsverstoß dem Betroffenen nicht nachzuweisen war.

Der Freispruch erfolgte aufgrund eines seitens des Gerichts eingeholten EMV-Gutachtens. Dieses Gutachten wurde von der Firma GHMT AG erstellt. Diese Firma ist ein akkreditierte EMV-Prüflabor. Der Auftrag des Gerichts bestand darin, die im Rahmen der Bauartzulassung seitens des Messgeräteherstellers eingeholten EMV-Prüfberichte, welche durch die Firma LEIVTEC lange Zeit unter Verschluss gehalten wurde, zu analysieren.
Im Ergebnis des Gutachtens kommt die Firma GHMT zu dem Ergebnis, dass eine wirksame Erstzulassung des Messgerätes nicht festgestellt werden kann. Der nachträgliche EMV-Prüfbericht, welcher die Verwendung eines Kabels mit einer Länge von mehr als 3 m legitimieren sollte, ist nicht geeignet, eine Rückführbarkeit auf die Prüfung aus dem Jahr 2008, dem Jahr der Erteilung der Bauartzulassung, zu ermöglichen.
Der Sachverständige der GMHT AG konnte wegen der fehlerhaften EMV-Prüfungen einen Einfluss auf die Messergebnisse nicht ausschließen. Unabhängig von der verwendeten Kabellänge kann aus technischer Sicht derzeit in keinem Fall mit der forensisch geforderten Sicherheit ausgeschlossen werden, dass mögliche EMV-Störungen Einfluss auf ein Messergebnis nehmen können.
Seitens der PTB sowie des Geräteherstellers wurde mittlerweile versucht, in Stellungnahmen die benannten Probleme der EMV-Prüfung zu widerlegen. Da weder in der Erstfassung der Bauartzulassung vom 2. Juli 2009 noch in der ersten Neufassung vom 27. Mai 2011 und auch nicht im ersten Nachtrag zum ersten Neufassung vom 30.12.2014 dokumentiert ist, dass die EMV-Prüfung des Messgerätes nur mit einer Prüfschärfe der Klasse vier vorzunehmen ist, ist die PTB-A umfassend anzuwenden. In den P TB-Anforderungen 18.11 werden ausdrücklich die Klassen „Schärfe gerade 1-4“ vorgeschrieben. Dies umfasst Magnetfeldamplituden von 1 A/m, 3 A/m, 10 A/m und 30 A/m.

Die EMV-Prüfung anlässlich der Bauartzulassung wurde dagegen auf ausdrücklichen Wunsch des Herstellers abweichend von den PTB-Anforderungen und zudem mit einer abweichenden Magnetfeldamplitude durchgeführt.
In diesem Zusammenhang wurde mit einer erneuten EMV-Prüfung argumentiert, welche jedoch bislang nicht vorliegt, sodass jegliche Aussage darüber nicht verifiziert werden kann.
Dem betreffenden Messgerät hätte also überhaupt keine Bauartzulassung erteilt werden dürfen.
Es lohnt sich also immer, den spezialisierten Rechtsanwalt, in der Schulte Anwaltskanzlei, Clausstraße 72, 09126 Chemnitz Herrn Rechtsanwalt Thomas Schulte LL.M. aufzusuchen und sich beraten und vertreten zu lassen. Wer im Straßenverkehr rechtsschutzversichert ist, ein Muss!

Wichtig ist, dass Sie rechtzeitig kommen!

Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL.M.
Rechtsanwalt


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