Grundstückskaufpreisminderung bei öffentlicher Widmung von Teilflächen

Wir vertreten eine Mandantin, die Anfang 2015 ihr mit einem Haus bebautes Grundstück, das am äußersten rechten Rande einen Streifen von ca. 88 m² als Verkehrsfläche aufwies, zu 160.000,00 € etwa 10 % unter dem geschätzten Verkehrswert verkaufen musste. Der Streifen, der nicht asphaltiert oder sonst erkennbar einer Straße glich, war öffentlich gewidmet, da es hinter dem bebauten Grundstück der Mandantin weitere bebaute Grundstücke gab, die den Weg zur verkehrsmäßigen Erschließung bedurften. Im Notarvertrag wurde der Kaufgegenstand als Gebäude- und Freifläche, sowie Verkehrsfläche ausdrücklich bezeichnet. Außerdem enthielt der Notarvertrag eine Bestimmung, wonach bis auf drei konkret geregelte Fälle, den der im Streit befindliche nicht entsprach, eine darüber hinausgehende Haftung für die Freiheit des vertragsgegenständlichen Grundbesitzes von ihm unbekannten Rechtsmängeln durch den Veräußerer ausschloss.

Mitte 2018 erklärt nunmehr die Käuferin vertreten durch eine größere Rechtsanwaltskanzlei die Minderung des Kaufpreises und fordert einen Betrag von etwas mehr als 5.000,00 € von unserer Mandantin zurück. Der Verkauf eines Grundstückes, das in Teilen dem öffentlichen Straßenverkehr gewidmet sei, stelle einen Rechtsmangel dar. Dies wurde unter Verweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm vom 14.01.2016 ohne Nennung des Aktenzeichens begründet. Berechnet wurde der Minderungsbetrag an Hand des Kaufpreises des bebauten Grundstückes anteilig für die unbebaute Verkehrsfläche von 88 m² abzüglich des tatsächlichen Wertes solcher Verkehrsflächen laut Gutachterausschuss des zuständigen Landkreises 48,00 € pro Quadratmeter.

Zunächst vermochten wir in der Widmung in diesem konkreten Fall überhaupt keinen Rechtsmangel des Kaufgegenstandes zu erkennen. Selbst wenn, war das behauptete Minderungsrecht gemäß des anzuwendenden § 442 BGB ausgeschlossen: Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind danach ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

Wenn man nicht bereits unterstellt, dass die Angabe Verkehrsfläche im Notarvertrag zwingend bei dem Käufer zu der Erkenntnis öffentliche Straße/Weg und damit öffentlich gewidmet führen muss, so hatte doch zumindest unsere Mandantin keine positive Kenntnis von der öffentlichen Widmung des schon immer für die Hinterleger als notwendige Zufahrt zu deren Grundstücke genutzten Teils ihres Grundstückes, womit dann der vertragliche Gewährleistungsausschluss eingreifen würde.

Unsere Mandantin hat das Grundstück vor dem Verkauf schätzen lassen. Nach dieser Wertschätzung betrug der Grundstückswert 75.000,00 € (Bodenwert 50,00 € pro m²). Die Berechnung der Käuferin, die den Gebäudewert mit einbezog, wäre danach schon nicht korrekt und würde nur einen Anspruch von 176,00 € begründen.

Noch interessanter waren jedoch die Ausführungen des Oberlandesgerichtes Hamm zum Aktenzeichen: 22 U 136/11 zu der geltenden Verjährungsfrist.

Der Grundstückskaufvertrag wurde Ende 2014 geschlossen und am 10.01.2015 der Kaufpreis von der Erwerberin gezahlt. Nach dem Notarvertrag erfolgte damit am 10.01.2015 der wirtschaftliche Übergang. Nach den Ausführungen des Oberlandesgerichtes Hamm ist die kurze Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB anzuwenden, womit ein möglicher Anspruch hier nach zwei Jahren und damit bereits am 10.01.2017 verjährt war, was wir im Namen unserer Mandantin sofort einwandten.

Mit diesem Hintergrund erachteten wir den mit anwaltlicher Unterstützung erhobenen Anspruch gegenüber unserer Mandantin als unverständlich. Bei der Geltendmachung eines Anspruches mit anwaltlicher Hilfe, der offensichtlich nicht besteht, darf sich der Gegner zum Zwecke der Abwehr dieses Anspruches aus dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit eines rechtlichen Beistandes bedienen, und die dafür entstandenen Rechtsanwaltskosten ausnahmsweise von der Gegenseite verlangen. Wir sind so frei und haben dies gegenüber der Gegenseite veranlasst, inwieweit die jedoch dem Ansinnen freiwillig nachkommt, bleibt abzuwarten.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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Wir setzen uns so für unsere Mandanten ein und bringen ihnen die Wertschätzung entgegen, wie wir es für uns in der Lage des Mandanten wünschen und erwarten würden.