Strafrecht: Der geschmeidige Motorhaubenspringer

Wir vertraten dieses Jahr einen jungen Mann, der nach einer Sportveranstaltung den Fußgängerweg an der Neefestraße überqueren wollte und dabei von einem rechtsabbiegenden Pkw ignoriert und fast angefahren worden wäre. In einer Art Reflex oder bewusst schlug er an dem seinen Fußweg schneidenden Fahrzeug mit der Hand an die Heckscheibe. Der Fahrer und seine Beifahrerin, die den Schlag bemerkten, wendeten daraufhin nach ca. 50 m das Fahrzeug und fuhren auf unseren den Fußgängerweg überquerenden Mandanten nach einer hörbaren Beschleunigungsphase direkt zu. Als dies unser Mandant bemerkte, blieb er zunächst wie erstarrt stehen und harrte der Dinge. Nach Angaben des Fahrers und unseres Mandanten kam das Fahrzeug kurz (ca. 20 cm) vor dem Passanten zum Stehen. Der Mandant fühlte sich angegriffen und versuchte kurz vor dem von ihm erwarteten Anstoß mit einem geschmeidigen Satz auf die Motorhaube zu springen, sich dabei an den Enden der Motorhaube festzuhalten, um so einer Verletzung zu entgehen. Dabei muss er mit der metallischen Schnalle seiner Uhr die Frontscheibe getroffen haben, worauf diese gesplittert sei. Der Fahrer und die Beifahrerin behaupteten in ihrer Vernehmung im Ermittlungsverfahren gegen unseren Mandanten wegen Sachbeschädigung, dass der Pkw schon stand und unser Mandant direkten Schrittes auf das Fahrzeug zugekommen und die Frontscheibe mit Faustschlägen zerstört habe.

Es wurde Anklage gegen den jungen Mann wegen Sachbeschädigung erhoben und die Angelegenheit sollte vor dem Strafrichter verhandelt werden. In dieser Phase wurden wir beauftragt. In der von uns verfassten Einlassung wurde unter Aufdeckung der Widersprüche in den beiden Zeugenaussagen argumentiert, dass das Zufahren auf unseren Mandanten ein vorsätzlicher Angriff auf dessen körperliche Unversehrtheit war und wenn nicht, so durfte dies zumindest der Passant so sehen, was für ihn eine tatsächliche zumindest aber eingebildete Notwehrlage und damit zum Freispruch geführt hätte. Selbst wenn dem nicht so zur Überzeugung des Gerichtes gewesen wäre, trägt die Gegenseite ein erhebliches Mitverschulden, so dass zumindest eine Einstellung wegen geringer Schuld bzw. mit der Auflage den zivilrechtlichen Schaden auszugleichen in Frage käme. Da der Mandant unter keinen Umständen in einer öffentlichen Strafverhandlung die Rolle des Angeklagten einnehmen wollte, wurde für den Fall der Eröffnung der Hauptverhandlung selbst die Einstellung mit Geldauflage vorgeschlagen.
Die erkennende Strafrichterin hat mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft den letzten Vorschlag aufgegriffen und das Verfahren ohne mündliche Verhandlung beendet. Auch wenn das Ergebnis für die verteidigen Kanzlei zu keinem Freispruch führte, so konnte doch mit der Einstellung gegen Auflage in Form des zivilrechtlichen Ausgleiches eine Verurteilung mit einer Geldstrafe sowie ein sich anschließender zivilrechtlicher Schadensersatzprozess verhindert werden.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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Wir setzen uns so für unsere Mandanten ein und bringen ihnen die Wertschätzung entgegen, wie wir es für uns in der Lage des Mandanten wünschen und erwarten würden.