„Wo war die Kirche im Juli 1938?" (Israelaktuell.de)

Im Juli vor 80 Jahren fand eine Konferenz in der französischen Kleinstadt Evian-les-Bains, im dortigen Hotel Royal statt. In dem seriösen Hotel hatten sich Vertreter aus 32 Nationen versammelt, um die durch Nazi-Deutschland verursachte jüdische Flüchtlingskrise zu lösen. Bis 1938 bestand Hitlers Plan für das „Judenproblem“ darin, das Eigentum jüdischer Bürger zu konfiszieren und in die Nationen zu deportieren, die bereit wären, sie aufzunehmen.

Allein die Dominikanische Republik erklärte sich bereit, eine größere Anzahl an jüdischen Flüchtlingen aufzunehmen. Zunächst war die Sprache von 100.000 Personen, letztlich waren es zwischen 1940 und 1945 rund 800 Juden aus Deutschland, Polen und Österreich. Was war mit den anderen, teilnehmenden Nationen? Die Briten warten nur bereit Juden aufzunehmen, wenn ihr Mandat für Palästina nicht für die jüdischen Flüchtlinge geöffnet würden. Dem stimmte der Präsident der USA, Roosevelt, zu. Die Kanadier meinten, ihr Land sei nicht groß genug, die Australier rühmten sich des Antisemitismus, wollten aber keine Menschen aufnehmen. Im Ergebnis wollten die westlichen Länder keine jüdischen Flüchtlinge in ihr Land lassen, diskutierten stattdessen den deutschen Vorschlag, diese nach Madagaskar zu schicken. Lateinamerikanische Länder zeigten sich kooperativer, Brasilien machte aber zur Bedingung für die Juden das Konvertieren zum Katholizismus.

Das Ergebnis der Konferenz wurde „Hitlers grünes Licht für den Völkermord“ genannt. Denn es gab keine Lösung für das jüdische Flüchtlingsproblem. Außerdem wurde Deutschland signalisiert, dass andere Länder kein Interesse an den Menschen hätten nach dem Motto „Macht doch was ihr wollt“. Dieser Freifahrtschein führte dann im Deutschen Reich zur Pogromnacht vom 09./10.11.1938.

Hätten sich die anderen Länder anders verhalten, hätten hunderttausende unschuldiger Menschen gerettet werden können. Diese Schuld haben sich auch die anderen Menschen aufgeladen.

Kannten sie die Evian-Konferenz? Ich, als jemand der in der alten Bundesrepublik zur Schule ging, hatte davon noch nie etwas gehört. Es gehörte nicht zum Schulstoff, wurde verschwiegen. Es geht nicht darum, die unermessliche Schuld des Naziregimes und vieler Menschen klein zu machen als sie ist. Es geht aber um Wahrheit, und zu der Wahrheit gehört auch die Mitschuld vieler anderer.

Ich wünsche Ihnen noch gute Woche.

Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt


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