Sozialrecht: Atemwegserkrankung eines Karosseriemeisters als Berufskrankheit anerkannt

Ein 1967geborener Mann war seit seinem 16. Lebensjahr im Karosseriebau tätig. Im Alter von 37 Jahren wurde bei ihm eine schwere obstruktive Atemwegserkrankung mit Lungenemphysem diagnostiziert. Ferner wurde bei ihm noch ein genetisch bedingter Enzym-Mangel festgestellt, der bewirkte, dass die körpereigene Abwehr nicht nur eindringende Bakterien zerstört, sondern auch das umgebende gesunde Gewebe. Der Mann wurde schließlich erwerbsunfähig.
Die Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag des Mannes auf Anerkennung einer Berufskrankheit ab unter anderem unter Verweis auf seinen Nikotinkonsum.
Die zunächst beim Sozialgericht erhobene Klage blieb für den Mann ohne Erfolg. Das Sozialgericht hat ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und schließlich erklärt, es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die berufliche Expositionen in seiner Tätigkeit als Karosseriemeister die Atemwegserkrankung verursacht habe.
Dies nahm der Mann nicht hin und seine Beharrlichkeit führte zum Erfolg.
Im Berufungsverfahren wendete sich das Blatt zum Besseren.
Das Landessozialgericht Hessen nahm weitere Ermittlungen insbesondere zur Gefahrsstoffexpositionen während der Tätigkeit als Karosseriemeister und den Auswirkungen des genetisch bedingten Enzym-Mangels vor.
Hier wurde festgestellt, dass der erkrankte Mann mehr als 18 Jahre chemisch-irrativen oder toxischen Stoffen knapp unterhalb des Grenzwertes für die maximale Arbeitsplatzkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz ausgesetzt war. Hinzu kam, dass es am Arbeitsplatz des Mannes keine entsprechende Absaugung gab, Atemschutz wurde nicht getragen. Im Ergebnis ist das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass die Gefahrstoffexpositionen zumindest gleichwertig mit dem Zigarettenkonsum des Mannes anzusehen sei.

In diesem Zusammenhang wurde auch ausgeführt, dass ein Versicherter in dem gesundheitlichen Zustand geschützt ist, indem er mit den gefährdenden Stoffen konfrontiert wird. Eine Krankheitsanlage des Versicherten steht mithin der Ursächlichkeit der Gefahrstoffexpositionen nicht entgegen. Hinzu kam, dass für die betreffende Berufskrankheit Nr. 4302 der Berufskrankheitenverordnung keine Mindestdosis festgeschrieben sei, welche für die Anerkennung überschritten sein müsse.

Auf Hinweis des Landessozialgericht Hessen hat die Berufsgenossenschaft schließlich die Atemwegserkrankung des Mannes als Berufskrankheit anerkannt, er hat eine Unfallrente erhalten ( LSG Hessen, Az. 3 U 59/13)

Das Verfahren zeigt, dass sich Beharrlichkeit und Geduld durchaus lohnt. Wenn der Mann nach der Entscheidung des Sozialgerichtes aufgegeben hätte, dann würde er keine Rente von der Berufsgenossenschaft erhalten.

Schulte Anwaltskanzlei
Antje Schmidt
Fachanwältin für Sozialrecht


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