Mietrecht: Mietminderung durch Mieter wegen benachbarter Großbaustelle

Wir vertraten in diesem Monat in zwei unterschiedlichen Verfahren zwei Mieter, die die Miete aufgrund Baustellenlärms und Schmutzeinwirkungen über den Zeitraum der Bautätigkeit minderten. Es handelte sich dabei um unterschiedliche Wohn- und Baustellen. Der Vermieter war gleichzeitig der Bauherr. Unsere Mandanten konnten die Abläufe und den Umfang der Baumaßnahmen in ihrem unmittelbaren Umfeld und die damit verbundenen Einwirkungen auf die von ihnen gemietete Wohnung im Rahmen ihrer Möglichkeiten durch umfangreiche Bild- und Videodokumentation sowie der Existenz einer Vielzahl von zur Aussage bereiten Zeugen nachweisen. Konkrete Lärmprotokolle und Geräuschpegelmessungen wurden nicht erstellt bzw. vorgenommen. Die Gegenseite argumentierte in beiden Fällen damit, dass kein ausreichender Sachvortrag zur Begründung des Mietminderungsbegehrens vorlag. Man stellte sich etwa auf den Standpunkt, dass taggenaue Messungen durch geeichte Geräte und Aufzeichnungen des Lärmpegels womöglich noch differenziert nach Räumlichkeiten und Berechnung unterschiedlicher Minderungsquoten entsprechend der Nutzung der Räume für eine erfolgreiche Geltendmachung von Mietminderungsansprüche notwendig wäre. Unabhängig davon wären alle auf der Baustelle eingesetzten Maschinen entsprechend den lärmtechnischen Vorgaben zulässig. Mit derartigem Lärm muss in einer Großstadt und insbesondere in einem großen Wohngebiet gerechnet werden.

Baustellenlärm ist regelmäßig als Mangel der Mietsache anzusehen, soweit er die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch mindert. Die Üblichkeit des Lärms ist nur dann ausschlaggebend, wenn die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages eine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend getroffen haben, dass der im Rahmen dieser Vereinbarung näher zu definierende übliche Lärm geduldet werden muss. Eine solche mietvertragliche Beschaffenheitsvereinbarung bestand in beiden Fällen nicht. Üblicher Lärm ist nicht grundsätzlich zu dulden. Der Nachweis einer Lärm- und Schmutzbelästigung in erheblichen Umfang kann auch dadurch geführt werden, dass eine umfassende Dokumentation die aus vielen Texten, einer großen Anzahl von Bildern bzw. Videoaufzeichnungen sowie Zeugenbekundungen besteht, dem erkennenden Gericht vorgelegt wird. Mit dieser Art von Darlegungen unterteilt noch nach Bauphasen wird das erkennende Gericht mithilfe eines Sachverständigen in die Lage versetzt, die Minderungsquote gemäß § 287 ZPO im Wege der Schätzung zu ermitteln.

In beiden Verfahren wurde sich schlussendlich bereits in dem Gütetermin unter Beachtung der Besonderheiten einer jeden Baustelle abschließend geeinigt. Keine der beiden Parteien hatte ein großes Interesse daran, in einer Beweisaufnahme nochmals die ganzen Zumutungen von Seiten des Vermieters über Zeiträume von ein bzw. zwei Jahren nochmals durchzuleben.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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