Strafrecht: Ein überraschter Beschuldigter

Anfang des Jahres kam ein Mann in unsere Kanzleiräume der kurz vorher erstmalig schriftlich durch die zuständige Staatsanwaltschaft informiert worden war, dass gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Bestechung und mittelbarer Falschbeurkundung bereits seit dem 14.04.2016 läuft.
Der Vorwurf lautete konkret, dass er im Zusammenwirken mit anderen Schulungsteilnehmern im Rahmen einer ADR-Gefahrgutschulung zur Erlangung einer gleichnamigen ADR-Bescheinigung (Gefahrgutführerschein) durch die Industrie-und Handelskammer den Prüfer mit einer Geldzahlung bestochen habe, damit dieser die theoretische Ausbildung verkürzt durchführt, die Teilnehmer trotzdem zur Prüfung zulässt und das Zertifikat ausstellt.
Gleichzeitig wurde ihm Gelegenheit gegeben sich hierzu zu äußern. Der Vorgang soll sich im März 2013 zugtragen haben. Er war bereits seit 1994 im Besitz eines solchen Gefahrgut-führerscheins, den er einmal nach fünf Jahren auf Veranlassung seines damaligen Arbeitgebers in einem 1-Tages-Kurs auffrischen musste.

Unser Mandant ist Ende 2013 aus dem Fuhrunternehmen, auf dessen Veranlassung die Schulung stattfand, ausgeschieden, konnte zudem den Rest des Jahres 2013 wegen Krankheit keinen Lastkraftwagen mehr fahren und die Bescheinigung wurde ihm auch nicht mehr ausgehändigt. Danach trat er eine Umschulung zum Busfahrer an und lenkt seit dem erfolgreichen Abschluss im Jahre 2014 Busse.

Völlig überraschend kam ihm dann die strafrechtliche Offenbarung der zuständigen Staatsanwaltschaft ins Haus. Der Mandant wirkte auf uns absolut glaubwürdig und nach erfolgter Einsicht in die Ermittlungsakte rieben wir uns auch verdutzt die Augen. Es gab keinerlei konkrete Hinweise darauf, dass irgendetwas an dem Vorwurf gegenüber unserem Mandanten dran sei. In der durch uns verfassten Einlassung konnten wir deshalb die Staatsanwaltschaft auch nur zu einem Freispruch im Ermittlungsverfahren raten (Einstellung nach § 170 Strafprozessordnung), was trotzdem mit der Tragung der eigenen Verteidigerkosten verbunden ist.
Das Erstaunen riss jedoch nicht ab. Erst kam ein für uns unverständlicher Hinweis der Staatsanwaltschaft, dass gegen sämtliche Kursteilnehmer Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wären und dann noch ein Schreiben des ehemaligen Arbeitgebers an unseren Mandanten mit diversen Hinweisen unter anderem keine Äußerungen zu tätigen, da wohl schon im Einzelfall Strafbefehle über 1.600,00 € versandt worden wären. Kurz darauf meldete sich abschließend die Strafverfolgungsbehörde zu Wort, die von einer Verfolgung gegen unseren Mandanten wegen Geringfügigkeit absah und das Verfahren daher einstellte.

Unser Mandant war, wenn man es genau nimmt, nur geringfügig der Bestechung und mittelbaren Falsch-beurkundung schuldig. Eine elegante Lösung die Hauptverhandlung, mit der Pflicht die Schuld des Beschuldigten zu beweisen, zu umgehen und noch das Gesicht zu wahren.
Gegen den Beschluss besteht von Seiten unseres Mandanten keine Korrekturmöglichkeit, aber im Ergebnis sicherlich besser als ein Strafbefehl über 1.600,00 € und vorbestraft zu sein.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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