Strafrecht: Regenschirm ist nicht gleich Regenschirm

Wir vertraten einen Mandanten, dem der Vorwurf gemacht worden ist, dass er durch die Mitnahme eines sogenannten Selbstverteidigungsregenschirmes gegen den Straftatbestand des dort geltenden § 26 Abs. 1 VersammlG verstoßen hätte. Wer danach bei öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen Waffen oder sonstige Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder Beschädigung von Sachen geeignet und bestimmt sind, mit sich führt, ohne dazu behördlich ermächtigt zu sein, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Der Strafverhandlung voraus ging ein Strafbefehlsverfahren, dass mit einer Geldstrafe für den nicht vorbestraften Mandanten endete, wogegen der Schirmträger fristgemäß Einspruch eingelegt hat. In der schriftlichen Einlassung sowie dann in der Hauptverhandlung argumentierten wir für den Angeklagten alternativ entweder mit seinem fehlenden Vorsatz bzw. damit, dass diesem bei Begehung der Tat an der nötigen Unrechtseinsicht mangelte, er sich diese auch nicht im Vorfeld etwa durch Befragung eines Rechtsanwaltes hätte verschaffen können und somit ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vorlag, mit der Konsequenz der Schuldlosigkeit, die zu einem Freispruch hätte führen müssen.

Der Angeklagte war bereits davor auf verschiedenen Kundgebungen gewesen, bei denen andere Kundgebungsteilnehmer einen Selbstverteidigungsregenschirm bei sich führten. Außerdem wurde er bei der konkreten Kundgebung zweimal von Polizisten überprüft, die ihm beanstandungslos zu dem Versammlungsplatz mit dem mitgeführten Regenschirm Zugang gewährten. Eine strafgerichtliche Entscheidung, in der festgestellt worden wäre, dass es sich bei dem Regenschirm um einen solchen sonstigen Gegenstand im Sinne der oben genannten Vorschrift handelt, gab es zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht. Ja selbst der die Beschlagnahme des Regenschirms anordnende Staatsanwalt führte in seinem Beschluss aus, dass es sich um einen sonstigen Gegenstand handeln dürfte. Da dies im Konjunktiv geschrieben wurde, war sich der anordnende Staatsanwalt seiner Bestimmung auch nicht sicher.
Dies half uns aber alles nichts. Von den 3 geladenen Polizisten war erstaunlicher Weise auch nur ein Beamter anwesend und die beiden anderen ließen sich entschuldigen, was im Ergebnis jedoch zu einer Fortsetzung der Hauptverhandlung geführt hätte, worauf die kompromisslose Staatsanwaltschaft bestanden hat. Obwohl der Mandant nicht vorbestraft war und den Regenschirm auch nur bei sich geführt hatte, kam aus Sicht der Staatsanwaltschaft keine Einstellung und sei es unter Geldauflage in Frage. An der Fortsetzung der Verhandlung mit ungewissem Ausgang hatte der Mandant kein Interesse, was im Ergebnis auch zu weiteren Kosten geführt hätte. Deshalb wurde der Einspruch dann schlussendlich zurückgenommen.

Jeder Leser möge sich seine eigene Meinung bilden. Sicher ist, dass dieses Verfahren davor warnt, irgendwelche Gegenstände die nur den Verdacht erwecken, ein Gegenstand im Sinne der genannten Vorschrift zu sein, auf eine Versammlung mitzunehmen.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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