In der sehr guten Wochenzeitschrift für die evangelische Welt „ideaSpektrum“ vom 20.11.2019 war ein interessanter Artikel zu lesen. Der Pastor Nils Langenberg aus Herne hielt bei einem „Impulse-Tag“ einen Vortrag über „Ausgewogenheit von Arbeit und Leben“, allgemein bekannt unter Work-Life-Balance.
Liebe Leser,
in diesem Artikel geht es nicht um Corona! Es ist auch wichtig, den Blick auf das normale Leben/Arbeitsleben zu richten. Das wollen wir mit der Vorstellung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 19. März 2019. Das Bundesarbeitsgericht hatte wieder über einen interessanten Fall zu entscheiden. Es ging um die Frage, ob während der Elternzeit der Urlaubsanspruch vom Arbeitgeber gekürzt werden kann. Was würden Sie sagen?
Eigentlich ist dies im Gesetz geregelt. Lesen Sie selber, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, hier die Pressemitteilung:
„Pressemitteilung Nr. 16/19
Elternzeit – Kürzung von Urlaubsansprüchen
Der gesetzliche Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG besteht auch für den Zeitraum der Elternzeit, er kann jedoch vom Arbeitgeber nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gekürzt werden. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG steht im Einklang mit dem Unionsrecht.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. Juni 2001 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Sie befand sich ua. vom 1. Januar 2013 bis zum 15. Dezember 2015 durchgehend in Elternzeit. Mit Schreiben vom 23. März 2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 30. Juni 2016 und beantragte unter Einbeziehung der während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüche, ihr für den Zeitraum der Kündigungsfrist Urlaub zu gewähren. Mit Schreiben vom 4. April 2016 erteilte die Beklagte der Klägerin vom 4. April bis zum 2. Mai 2016 Urlaub, die Gewährung des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubs lehnte sie ab. Die Klägerin hat mit ihrer Klage zuletzt noch die Abgeltung von 89,5 Arbeitstagen Urlaub aus dem Zeitraum ihrer Elternzeit geltend gemacht.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2013 bis 2015 mit Schreiben vom 4. April 2016 wirksam gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt.
Möchte der Arbeitgeber von seiner ihm durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG eingeräumten Befugnis Gebrauch machen, den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen, muss er eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben. Dazu ist es ausreichend, dass für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass der Arbeitgeber von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen will. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasst auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung vereinbart haben.
Die Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs verstößt weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) noch gegen § 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU. Das Unionsrecht verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht, Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit im Bezugszeitraum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben (EuGH 4. Oktober 2018 – C-12/17 – [Dicu] Rn. 29 ff.).
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2019 – 9 AZR 362/18 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 31. Januar 2018 – 5 Sa 625/17 -“
Für mich ist die Entscheidung vollkommen korrekt. Natürlich sind Kinder etwas Wunderbares, Eltern müssen unterstützt werden. Die Unterstützungsleistungen muss aber von der Gesellschaft kommen und nicht nur von den Arbeitgebern.
Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitnehmer genießen in Deutschland weitgehenden Kündigungsschutz durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieser Kündigungsschutz greift aber erst ein in Betrieben, die regelmäßig mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigen. Was ist also in Betrieben mit weniger als 10 Vollzeitarbeitnehmern, sogenannten Kleinbetrieben?
Mit dieser Frage durfte sich jetzt erneut das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 05.12.2019, Aktenzeichen 2 AZR 107/19, auseinandersetzen. Worum ging es? Bei der beklagten Arbeitgeberin war die Klägerin als Kinderfrau/Nanny beschäftigt. Die Arbeitgeberin kündigte im Januar 2017 das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich. Dagegen hatte die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Dies mit der Begründung, die Kündigungen seien sitten- und treuwidrig. Zu den Kündigungen sei es gekommen, weil der Beklagten von einer Zeugin wahrheitswidrig mitgeteilt worden sei, die Klägerin habe behauptet, die Beklagte sei nie zu Hause, schließe sich immer in ihrem Zimmer ein und esse, wenn sie einmal daheim sei, nur Schokolade mit ihrer Tochter. Die Beklagte habe sich deshalb von der Klägerin in ihrer Mutterrolle kritisiert und in ihrer Eitelkeit verletzt gefühlt, obwohl sie gewusst habe, dass diese Behauptungen im Kern wahr und deshalb von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Die Beklagte habe sich aus Rachsucht und um Mittel für eine Anstellung freizumachen nicht mit einer ordentlichen Kündigung begnügen, sondern sich fristlos von der Klägerin trennen wollen.
Für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses müssen nicht nur ausreichende Kündigungsgründe vorliegen. Der Arbeitgeber muss auch dafür Sorge getragen und hat dies auch zu beweisen, dass die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer zuging. Sie können sich vorstellen, dass dies immer wieder große Probleme bereitet und Arbeitsgerichte beschäftigt. Es kommen die verrücktesten Sachen vor. Der Arbeitnehmer öffnet nicht die Tür, entfernt seinen Namen vom Briefkasten, verweigert die Annahme, um nur einige Beispiele zu nennen. Deswegen müssen sich die Arbeitsgerichte und hin und wieder auch das Bundesarbeitsgericht mit dieser Problematik beschäftigen. Nun glaubt man, in 70-jähriger Rechtsgeschichte sei alles schon einmal entschieden. Falsch gedacht.
Gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung bestimmen. Dabei hat er nach billigem Ermessen zu entscheiden. Diese Vorschrift gibt dem Arbeitgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Das ist auch gut so, denn ansonsten funktioniert die Wirtschaft nicht.
Kann sich aber der Arbeitnehmer weigern, Weisungen des Arbeitgebers zu folgen?
In vielen Unternehmen, Betrieben und Einrichtungen werden vom Arbeitgeber Dienstpläne erstellt. Das ist vielfach notwendig, um einen reibungslosen betrieblichen Ablauf zu gewährleisten. Dem Arbeitgeber ist dies auch erlaubt. Denn nach § 106 S. 1 der Gewerbeordnung steht diesem ein Weisungsrecht zu, wonach er die zu erbringende Arbeitsleistung nach Inhalt, Ort und Zeit bestimmen kann.
Wenn nach Erstellung der Dienstplan vom Arbeitgeber ausgehängt oder sonst wie bekannt gemacht worden ist, ist dieser für die Arbeitnehmer verbindlich und kann nicht ohne weiteres geändert werden.
Ist denn dann überhaupt eine spontane Dienstplanänderung möglich?
Konkrete gesetzliche Regelungen gibt es dazu nicht. Die Rechtsprechung, so das Arbeitsgericht Berlin im Urteil vom 05.10 2012, Az. 28 Ca 10243/12, sieht die Möglichkeit der Änderung des Dienstplanes dann, wenn die Änderung des Dienstplanes in angemessener Zeit zuvor angekündigt wird. Hier werden regelmäßig 4 Tage für eine Vorankündigung als angemessen angesehen.
Nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) darf ein Arbeitnehmer nicht ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet beschäftigt werden, wenn „mit dem- selben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat“. Das kann natürlich eine große Hürde sein für die Begründung eines neuen, befristeten Arbeitsverhältnisses, ein Einstellungshindernis.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich jetzt erneut mit dem Thema beschäftigen müssen. Hier war es aber so, dass das Arbeitsverhältnis 22 Jahre zurücklag. Was glauben Sie, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat? Aber ließen sie die Pressemitteilung selbst:
„Pressemitteilung Nr. 29/19
Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung
Wird ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut bei demselben Arbeitgeber eingestellt, gelangt das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmte Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung in verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift regelmäßig nicht zur Anwendung.
Arbeiten ist gefährlich, es kann schnell etwas passieren. Dann stellt sich manchmal die Frage, ob der Arbeitgeber Schadensersatz und Schmerzensgeld zu zahlen hat. Mit dieser Frage hat sich erneut das Bundesarbeitsgericht auseinandersetzen dürfen. Die aktuelle Pressemitteilung dazu hat folgenden Inhalt:
„Pressemitteilung Nr. 43/19
Ersatz eines Personenschadens – Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGBVII Zugunsten des Arbeitgebers greift gegenüber dem Schadensersatzverlangen eines Beschäftigten, der infolge eines Versicherungsfalls einen Personenschaden erlitten hat, das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGBVII ein, es sei denn, der Arbeitgeber hat den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGBVII versicherten Weg (Wegeunfall). Für die Annahme der vorsätzlichen Herbeiführung eines Versicherungsfalls ist ein „doppelter Vorsatz“ erforderlich. Der Vorsatz des Schädigers muss sich nicht nur auf die Verletzungshandlung, sondern auch auf den Verletzungserfolg beziehen.
Das Bundesarbeitsgericht hat am 25.06.2019 zum Aktenzeichen 9 AZR 546/17 wichtige Grundsätze zur Vereinbarung von Verfallfristen und Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers aufgestellt. In den Leitsätzen heißt es:
1.
Die in einer Urlaubsliste enthaltene Mitteilung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen stellt regelmäßig eine Wissens- und keine rechtsgestaltende Willenserklärung des Arbeitgebers dar. Ihr kommt in aller Regel nicht der Bedeutungsgehalt zu, der Arbeitgeber wolle den ausgewiesenen Urlaub auch gewähren, wenn er ihn nicht schuldet.
2.
Der Urlaub kann gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG in der Regel nur verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub andernfalls mit Ablauf des Kalenderjahres erlischt.
3.
Soweit der vertragliche Mehrurlaub betroffen ist, sind die Arbeitsvertragsparteien befugt, die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers abweichend von den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes auszugestalten. Für einen solchen Regelungswillen müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen diese, ist von einem Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub auszugehen.
Arbeitnehmer, die erkranken, werden durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung geschützt. Das ist auch gut so. Natürlich werden so aufkommende Belastungen dem Arbeitgeber, den anderen Mitarbeitern und den Sozialsystemen aufgebürdet. Daran wollen wir auch nichts ändern, das System hat sich bewährt. Das gilt zumindest solange es nicht rechtswidrig ausgenutzt wird.
Die Anforderungen der Rechtsprechung an eine krankheitsbedingte Kündigung sind sehr hoch. Mehrere Prüfungsschritte muss der Arbeitgeber zuvor durchführen, um eine rechtmäßige, krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen. Das ist ständige Rechtsprechung, nachzulesen z.B. im Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 07.11.1985, Aktenzeichen 2 AZR 657/84 oder Urteil vom 29.07.1993, Aktenzeichen 2 AZR 155/93.
Voraussetzung ist, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die gesundheitliche Prognose negativ ist. Der Arbeitgeber muss also in Zukunft mit erheblichen krankheitsbedingten Ausfallzeiten rechnen, solche prognostizieren. Dabei wurde im Laufe der Jahrzehnte folgendes von der Rechtsprechung anerkannt:
- längere, zusammenhängende Erkrankungen, sogenannte Langzeiterkrankungen, wobei eine Genesung auf die nächsten 1,5 – 2 Jahre nicht absehbar ist
- häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit, die sich auch zukünftig fortsetzen werden mit Ausfallzeiten von mindestens sechs Wochen im Jahr
- krankheitsbedingte Leistungsminderung auf Dauer von mehr als 2/3, auf jeden Fall aber deutlich geringer als die Normalleistung Anderer
- natürlich dauerhafte Arbeitsunfähigkeit oder andauerndes Unvermögen für die vereinbarte Tätigkeit.
Wir setzen uns so für unsere Mandanten ein und bringen ihnen die Wertschätzung entgegen, wie wir es für uns in der Lage des Mandanten wünschen und erwarten würden.
„Work-Life-Balance“ oder Ich Ich Ich?
In der sehr guten Wochenzeitschrift für die evangelische Welt „ideaSpektrum“ vom 20.11.2019 war ein interessanter Artikel zu lesen. Der Pastor Nils Langenberg aus Herne hielt bei einem „Impulse-Tag“ einen Vortrag über „Ausgewogenheit von Arbeit und Leben“, allgemein bekannt unter Work-Life-Balance.
Belastung der Arbeitgeber grenzenlos?
Liebe Leser,
in diesem Artikel geht es nicht um Corona! Es ist auch wichtig, den Blick auf das normale Leben/Arbeitsleben zu richten. Das wollen wir mit der Vorstellung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 19. März 2019. Das Bundesarbeitsgericht hatte wieder über einen interessanten Fall zu entscheiden. Es ging um die Frage, ob während der Elternzeit der Urlaubsanspruch vom Arbeitgeber gekürzt werden kann. Was würden Sie sagen?
Eigentlich ist dies im Gesetz geregelt. Lesen Sie selber, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, hier die Pressemitteilung:
„Pressemitteilung Nr. 16/19
Elternzeit – Kürzung von Urlaubsansprüchen
Der gesetzliche Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG besteht auch für den Zeitraum der Elternzeit, er kann jedoch vom Arbeitgeber nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gekürzt werden. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG steht im Einklang mit dem Unionsrecht.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. Juni 2001 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Sie befand sich ua. vom 1. Januar 2013 bis zum 15. Dezember 2015 durchgehend in Elternzeit. Mit Schreiben vom 23. März 2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 30. Juni 2016 und beantragte unter Einbeziehung der während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüche, ihr für den Zeitraum der Kündigungsfrist Urlaub zu gewähren. Mit Schreiben vom 4. April 2016 erteilte die Beklagte der Klägerin vom 4. April bis zum 2. Mai 2016 Urlaub, die Gewährung des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubs lehnte sie ab. Die Klägerin hat mit ihrer Klage zuletzt noch die Abgeltung von 89,5 Arbeitstagen Urlaub aus dem Zeitraum ihrer Elternzeit geltend gemacht.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2013 bis 2015 mit Schreiben vom 4. April 2016 wirksam gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt.
Möchte der Arbeitgeber von seiner ihm durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG eingeräumten Befugnis Gebrauch machen, den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen, muss er eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben. Dazu ist es ausreichend, dass für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass der Arbeitgeber von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen will. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasst auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung vereinbart haben.
Die Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs verstößt weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) noch gegen § 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU. Das Unionsrecht verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht, Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit im Bezugszeitraum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben (EuGH 4. Oktober 2018 – C-12/17 – [Dicu] Rn. 29 ff.).
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2019 – 9 AZR 362/18 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 31. Januar 2018 – 5 Sa 625/17 -“
Für mich ist die Entscheidung vollkommen korrekt. Natürlich sind Kinder etwas Wunderbares, Eltern müssen unterstützt werden. Die Unterstützungsleistungen muss aber von der Gesellschaft kommen und nicht nur von den Arbeitgebern.
Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitsrecht: Kann eine Arbeitgeberkündigung im Kleinbetrieb unwirksam sein?
Arbeitnehmer genießen in Deutschland weitgehenden Kündigungsschutz durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieser Kündigungsschutz greift aber erst ein in Betrieben, die regelmäßig mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigen. Was ist also in Betrieben mit weniger als 10 Vollzeitarbeitnehmern, sogenannten Kleinbetrieben?
Mit dieser Frage durfte sich jetzt erneut das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 05.12.2019, Aktenzeichen 2 AZR 107/19, auseinandersetzen. Worum ging es? Bei der beklagten Arbeitgeberin war die Klägerin als Kinderfrau/Nanny beschäftigt. Die Arbeitgeberin kündigte im Januar 2017 das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich. Dagegen hatte die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Dies mit der Begründung, die Kündigungen seien sitten- und treuwidrig. Zu den Kündigungen sei es gekommen, weil der Beklagten von einer Zeugin wahrheitswidrig mitgeteilt worden sei, die Klägerin habe behauptet, die Beklagte sei nie zu Hause, schließe sich immer in ihrem Zimmer ein und esse, wenn sie einmal daheim sei, nur Schokolade mit ihrer Tochter. Die Beklagte habe sich deshalb von der Klägerin in ihrer Mutterrolle kritisiert und in ihrer Eitelkeit verletzt gefühlt, obwohl sie gewusst habe, dass diese Behauptungen im Kern wahr und deshalb von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Die Beklagte habe sich aus Rachsucht und um Mittel für eine Anstellung freizumachen nicht mit einer ordentlichen Kündigung begnügen, sondern sich fristlos von der Klägerin trennen wollen.
Zugang einer Kündigung durch Einwurf in den Briefkasten!? Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 22. August 2019 – 2 AZR 111/19
Für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses müssen nicht nur ausreichende Kündigungsgründe vorliegen. Der Arbeitgeber muss auch dafür Sorge getragen und hat dies auch zu beweisen, dass die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer zuging. Sie können sich vorstellen, dass dies immer wieder große Probleme bereitet und Arbeitsgerichte beschäftigt. Es kommen die verrücktesten Sachen vor. Der Arbeitnehmer öffnet nicht die Tür, entfernt seinen Namen vom Briefkasten, verweigert die Annahme, um nur einige Beispiele zu nennen. Deswegen müssen sich die Arbeitsgerichte und hin und wieder auch das Bundesarbeitsgericht mit dieser Problematik beschäftigen. Nun glaubt man, in 70-jähriger Rechtsgeschichte sei alles schon einmal entschieden. Falsch gedacht.
Darf der Arbeitnehmer eine unbillige Weisung des Arbeitgebers missachten – was ist in Zeiten Corona?
Gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung bestimmen. Dabei hat er nach billigem Ermessen zu entscheiden. Diese Vorschrift gibt dem Arbeitgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Das ist auch gut so, denn ansonsten funktioniert die Wirtschaft nicht.
Kann sich aber der Arbeitnehmer weigern, Weisungen des Arbeitgebers zu folgen?
Arbeitsrecht: Kurzfristige Dienstplanänderung erlaubt?
In vielen Unternehmen, Betrieben und Einrichtungen werden vom Arbeitgeber Dienstpläne erstellt. Das ist vielfach notwendig, um einen reibungslosen betrieblichen Ablauf zu gewährleisten. Dem Arbeitgeber ist dies auch erlaubt. Denn nach § 106 S. 1 der Gewerbeordnung steht diesem ein Weisungsrecht zu, wonach er die zu erbringende Arbeitsleistung nach Inhalt, Ort und Zeit bestimmen kann.
Wenn nach Erstellung der Dienstplan vom Arbeitgeber ausgehängt oder sonst wie bekannt gemacht worden ist, ist dieser für die Arbeitnehmer verbindlich und kann nicht ohne weiteres geändert werden.
Ist denn dann überhaupt eine spontane Dienstplanänderung möglich?
Konkrete gesetzliche Regelungen gibt es dazu nicht. Die Rechtsprechung, so das Arbeitsgericht Berlin im Urteil vom 05.10 2012, Az. 28 Ca 10243/12, sieht die Möglichkeit der Änderung des Dienstplanes dann, wenn die Änderung des Dienstplanes in angemessener Zeit zuvor angekündigt wird. Hier werden regelmäßig 4 Tage für eine Vorankündigung als angemessen angesehen.
Vorbeschäftigung liegt 22 Jahre zurück – Einstellungshindernis?
Nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) darf ein Arbeitnehmer nicht ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet beschäftigt werden, wenn „mit dem- selben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat“. Das kann natürlich eine große Hürde sein für die Begründung eines neuen, befristeten Arbeitsverhältnisses, ein Einstellungshindernis.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich jetzt erneut mit dem Thema beschäftigen müssen. Hier war es aber so, dass das Arbeitsverhältnis 22 Jahre zurücklag. Was glauben Sie, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat? Aber ließen sie die Pressemitteilung selbst:
„Pressemitteilung Nr. 29/19
Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung
Wird ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut bei demselben Arbeitgeber eingestellt, gelangt das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmte Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung in verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift regelmäßig nicht zur Anwendung.
Arbeitsrecht: Schadensersatz im Arbeitsverhältnis!?
Arbeiten ist gefährlich, es kann schnell etwas passieren. Dann stellt sich manchmal die Frage, ob der Arbeitgeber Schadensersatz und Schmerzensgeld zu zahlen hat. Mit dieser Frage hat sich erneut das Bundesarbeitsgericht auseinandersetzen dürfen. Die aktuelle Pressemitteilung dazu hat folgenden Inhalt:
„Pressemitteilung Nr. 43/19
Ersatz eines Personenschadens – Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII
Zugunsten des Arbeitgebers greift gegenüber dem Schadensersatzverlangen eines Beschäftigten, der infolge eines Versicherungsfalls einen Personenschaden erlitten hat, das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ein, es sei denn, der Arbeitgeber hat den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg (Wegeunfall). Für die Annahme der vorsätzlichen Herbeiführung eines Versicherungsfalls ist ein „doppelter Vorsatz“ erforderlich. Der Vorsatz des Schädigers muss sich nicht nur auf die Verletzungshandlung, sondern auch auf den Verletzungserfolg beziehen.
Arbeitsrecht: Neues zum Urlaubsrecht!
Das Bundesarbeitsgericht hat am 25.06.2019 zum Aktenzeichen 9 AZR 546/17 wichtige Grundsätze zur Vereinbarung von Verfallfristen und Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers aufgestellt. In den Leitsätzen heißt es:
1.
Die in einer Urlaubsliste enthaltene Mitteilung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen stellt regelmäßig eine Wissens- und keine rechtsgestaltende Willenserklärung des Arbeitgebers dar. Ihr kommt in aller Regel nicht der Bedeutungsgehalt zu, der Arbeitgeber wolle den ausgewiesenen Urlaub auch gewähren, wenn er ihn nicht schuldet.
2.
Der Urlaub kann gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG in der Regel nur verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub andernfalls mit Ablauf des Kalenderjahres erlischt.
3.
Soweit der vertragliche Mehrurlaub betroffen ist, sind die Arbeitsvertragsparteien befugt, die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers abweichend von den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes auszugestalten. Für einen solchen Regelungswillen müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen diese, ist von einem Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub auszugehen.
Arbeitsrecht: Krankheitsbedingte Kündigung - ein schweres Unterfangen!
Arbeitnehmer, die erkranken, werden durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung geschützt. Das ist auch gut so. Natürlich werden so aufkommende Belastungen dem Arbeitgeber, den anderen Mitarbeitern und den Sozialsystemen aufgebürdet. Daran wollen wir auch nichts ändern, das System hat sich bewährt. Das gilt zumindest solange es nicht rechtswidrig ausgenutzt wird.
Die Anforderungen der Rechtsprechung an eine krankheitsbedingte Kündigung sind sehr hoch. Mehrere Prüfungsschritte muss der Arbeitgeber zuvor durchführen, um eine rechtmäßige, krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen. Das ist ständige Rechtsprechung, nachzulesen z.B. im Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 07.11.1985, Aktenzeichen 2 AZR 657/84 oder Urteil vom 29.07.1993, Aktenzeichen 2 AZR 155/93.
Voraussetzung ist, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die gesundheitliche Prognose negativ ist. Der Arbeitgeber muss also in Zukunft mit erheblichen krankheitsbedingten Ausfallzeiten rechnen, solche prognostizieren. Dabei wurde im Laufe der Jahrzehnte folgendes von der Rechtsprechung anerkannt:
- längere, zusammenhängende Erkrankungen, sogenannte Langzeiterkrankungen, wobei eine Genesung auf die nächsten 1,5 – 2 Jahre nicht absehbar ist
- häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit, die sich auch zukünftig fortsetzen werden mit Ausfallzeiten von mindestens sechs Wochen im Jahr
- krankheitsbedingte Leistungsminderung auf Dauer von mehr als 2/3, auf jeden Fall aber deutlich geringer als die Normalleistung Anderer
- natürlich dauerhafte Arbeitsunfähigkeit oder andauerndes Unvermögen für die vereinbarte Tätigkeit.