Arbeitsrecht: Urlaub bei Dauerkrankheit verfällt nach 15 Monaten

Der Arbeitnehmer der von uns vertretenen Arbeitgeberin erkrankte im Jahr 2015. Ohne wieder zu genesen schied er zum 30. Juni 2017 nach Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus. Die Mandantin rechnete das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß ab und zahlte insbesondere die Urlaubsabgeltung für die Jahre 2016 und 2017. Damit gab sich der Arbeitnehmer aber nicht zufrieden. Dieser wollte auch noch angebliche 6 Urlaubstage, die er im Jahr 2015 nicht habe nehmen können aufgrund der Erkrankung, bezahlt haben.

Nach Beratung wurde die Zahlung von unserer Mandantin verweigert, so dass der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Chemnitz Klage erhob. In der Klageschrift ließ er behaupten, ihm stünde die Zahlung von 6 Tagen Urlaubsabgeltung zu, was sich aus § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) ergäbe.

Die von dem Kläger vertretene Rechtsauffassung war falsch, die Forderung unberechtigt. Im Allgemeinen verfällt der gesetzliche Urlaub ersatzlos, wenn er nicht bis zum Jahresende genommen wird. Dies gilt aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EaGH) und des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) nicht für den Urlaub, den der Arbeitnehmer wegen einer Erkrankung nicht nehmen konnte.

Diese Entscheidung des europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 22. November 2011, Aktenzeichen C-214/10, bedeutete, dass Arbeitnehmer bei langer Erkrankung praktisch unbegrenzt Urlaubsansprüche ansparen. Hiervon waren bzw. wären Tausende aufgrund von Krankheit ruhenden Arbeitsverhältnissen betroffen sind/worden mit unüberschaubaren Belastungen. Zudem tat sich hier eine Gerechtigkeitslücke auf.

Dies erkannte zunächst das Landesarbeitsgericht Hamm, das Bundesarbeitsgericht (BAG) übernahm die zutreffende Argumentation. In dem Grundsatzurteil vom 7. August 2012, Aktenzeichen: 9 AZR 353/10, hat es zu Gunsten der Arbeitgeberseite entschieden, dass der in Krankheitsfällen angesparte Urlaub allgemein, das heißt auch ohne eine tarifliche Regelung, 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres verfällt, das heißt zum 31. März des übernächsten Jahres.

Mit dieser zutreffenden Rechtsprechung wurde in der Güteverhandlung argumentiert. Auch das Gericht gab der von uns, Schulte Anwaltskanzlei, vertretenen, beklagten Arbeitgeberin in jeder Hinsicht Recht. Die Klage konnte keine Aussicht auf Erfolg haben. Dies sah die Prozessbevollmächtigte des Klägers ein und nahm die Klage zurück, die einzig richtige Entscheidung.

Es ist wichtig, Behauptungen und Forderungen kritisch zu überprüfen, einer anwaltlichen Bewertung zu unterziehen. Dies bewahrt vor unberechtigten Zahlungen und führt zur Durchsetzung des Rechts.

Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht


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