Ein Hochzeitsfeuerwerk nichts für eine Herde von Jungrindern

Mitarbeiter unserer Mandantin haben eine Herde von Jungrindern auf eine Weidefläche aufgetrieben, die ca. 150 m oberhalb eines für ein einmaliges Hochzeitsfeuerwerk vorgesehenen Abbrennplatzes gelegen war.

Ein zwei Tage später aufkommendes natürliches Gewitter haben die Tiere noch ertragen, durch das jedoch weitere 2 Tage darauf folgende menschlich initiierte Hochzeitsfeuerwerk zwischen 21.45 Uhr und 22.00 Uhr gerieten die 72 Jungrinder unserer Mandantin so in Panik, dass sie die Weidezäune durchbrachen. Die noch in derselben Nacht eingeleitete Suche nach den Rindern führte über einen Zeitraum von mehreren Tagen zum Einfangen der gesamten Herde, wobei sich die Rinder teilweise bis nach Tellerhäuser, unterhalb des Fichtelberges, Pöhla und an das Oberbecken in Markersbach verliefen.

Im Ergebnis dieser Suchmaßnahmen sind unserer Mandantin Aufwendungen in Höhe von mehreren tausend Euro in der Form des Einsatzes von Technik und Arbeitskräften entstanden.

Die Gegenseite lehnt die Ansprüche mit der Begründung ab, dass sich hier nur ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht habe, das Feuerwerk bei den zuständigen Ämtern angezeigt und von diesen genehmigt worden ist. Dem vermag sich unsere Mandantin jedoch nicht anzuschließen.

An die Voraussicht und Sorgfalt derjenigen Personen, die ein Feuerwerk veranstalten bzw. entzünden, sind grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss man einen Standort wählen, von dem aus andere Personen oder Sachen nicht (ernsthaft) gefährdet werden.

4 Tage vor dem Veranstaltungstermin wurden von unserer Mandantin 72 Jungrinder, 8 davon trächtig in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort auf das Weideland verbracht, was dem Veranstalter und dem von diesem beauftragten Feuerwerker schwer entgangen sein kann. Diese Tiere reagieren auf plötzlichem Lärm in dieser Form und zu dieser Zeit voraussehbar in Panik.

Für das Silvesterfeuerwerk wurde von der Rechtsprechung an Voraussicht und Sorgfalt folgendes formuliert:

In einer Silvesternacht ist es zulässig und in allen Städten und Gemeinden üblich, nicht erlaubnispflichtige Feuerwerkskörper zu zünden. Auf diesen Brauch richtet sich der Verkehr ein, auch was – in vernünftigen Grenzen – die Maßnahmen zum Selbstschutz betrifft. Das entbindet zwar den, der ein Feuerwerk abbrennt, nicht von der Verantwortung dafür, die Feuerwerkskörper nur bestimmungsgemäß und unter Beachtung der Gebrauchsanleitung, insbesondere unter Einhaltung der vom Hersteller verlangten Sicherheitsvorkehrungen zu verwenden.

Ebenso wenig ist er davon befreit, sorgfältig auf besondere Umstände zu achten, aufgrund derer das Abbrennen des Feuerwerks an der von ihm ausgewählten Stelle mit Gefahren verbunden sein kann, die nach Art und Umfang über diejenigen Gefahren hinausgehen, welche trotz vorschriftsmäßiger Handhabung nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Soweit es aber nur um „normale“ Gefährdungen durch erlaubnisfreie Feuerwerkskörper für Personen geht, die sich im Freien in der Nähe der Abschussstellen aufhalten und sich auf das Feuerwerk einstellen können, begründen diese im allgemeinen keine Haftungsverantwortlichkeit. Jeder vernünftige Mensch, der dem Silvesterfeuerwerk zuschaut, richtet sich auf derartige Gefährdungen selbst ein, sofern sie nicht aus Richtungen kommen, aus denen er sie nicht zu erwarten braucht, oder aufgrund anderer besonderer Umstände das Maß das der normalerweise zu erwartenden Gefahr übersteigen (Bundesgerichtshof vom 09.07.1985 Az. VI ZR 71/84).

Selbst zu Silvester wäre der Veranstalter und Feuerwerker nicht davon befreit gewesen, sorgfältig auf besondere Umstände zu achten, aufgrund derer das Abbrennen des Feuerwerks an der von ihnen ausgewählten Stelle mit Gefahren verbunden gewesen wäre, die nach Art und Umfang über diejenigen Gefahren hinausgehen, welche trotz vorschriftsmäßiger Handhabung nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Die Tiere können sich naturgemäß darauf selbst nicht einstellen und die Genossenschaft als Eigentümer der Jungrinder in Person des Geschäftsführers und der sonstigen Verantwortlichen hatten keine Kenntnis von der Durchführung des Hochzeitsfeierwerkes. Man hätte die Tiere vorab in die Ställe verbracht. Unsere Mandantin würde auch nie auf die Idee kommen, zu Silvester die Tiere aus den Ställen zu lassen.

Die Schadensersatzpflicht im Rahmen einer Eigentums und/oder Besitzstörung umfasst auch Aufwendungen, die der Geschädigte zur Verhinderung eines konkret drohenden Schadenseintritts, zur Schadensbeseitigung oder zur Geringhaltung des Schadens getätigt hat. Sein Entschluss unterbricht den Zurechnungszusammenhang nicht, da er nicht frei getroffen, sondern durch das Verhalten des Schädigers veranlasst worden ist. Die von unserer Mandantin gemachten Aufwendungen waren notwendig, um den Tierbestand nicht verlustig zu werden.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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