Sozialrecht: Eine Sterbegeldversicherung muss nicht für die Pflegekosten für die stationäre Unterbringung im Pflegeheim verwertet werden

Das Sozialgericht Gießen hatte sich am 14.08.2018 damit zu befassen, ob eine Sterbegeldversicherung für die Pflegekosten bei Unterbringung in einem Pflegeheim einzusetzen ist.
Der Sachverhalt war folgender:
Ein Mann war seit mehreren Jahren in einem Seniorenzentrum als Selbstzahler untergebracht. Im Juli 2015 beantragte seine Ehefrau bei dem zuständigen Sozialamt die Gewährung von Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Der Beklagte Landkreis lehnte dies ab und führte zur Begründung aus, dass die Eheleute über ein Vermögen von über 11.000 € verfügen würden. Bei der Ermittlung des Vermögens wurde vom Landkreis der Rückkaufswert der Sterbegeldversicherungen von beiden Eheleuten berücksichtigt. Diese Versicherungen können ja jederzeit gekündigt werden und wären somit sofort verwertbar.
Diese Auffassung ist häufig anzutreffen.
Die Eheleute ließen sich dies aber nicht gefallen und klagten letztlich vor dem Sozialgericht Gießen. Dies hat nun die Auffassung vertreten, dass die Sterbegeldversicherungen unter bestimmten Voraussetzungen als Mittel der Alterssicherung im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII zu qualifizieren sind und damit nicht verwertet werden müssen. Das Sozialgericht Gießen hat weiter ausgeführt, dass die Härteklausel im § 90 Abs. 3 auch in anderen Fällen Anwendungen finde als in den dort genannten. Grundsätzlich erfordere die Annahme eines Härtefalls eine angemessene an den Umständen des jeweiligen Einzelfalls besondere Belastung. Zurecht fuhr das Sozialgericht Gießen aus, dass die Verwertung eines Bestattungsvorsorgevermögens generell einen Härtefall darstellt. Das Sozialhilferecht müsse dem Einzelnen einen Menschenwürdigendes Leben erfüllen, sodass besonderen Bedürfnisses jenseits von Luxusrechnungen zu tragen ist. Die Vorsorge für eine den persönlichen Vorstellungen entsprechende angemessene Bestattung sei zu respektieren, zumal die dafür vorgesehenen Mittel nicht für die Bedarfsdeckung zu Lebzeiten verwendet würden. Bei der finanziellen Vorsorge für den eigenen Todesfall und der Wille, Begräbnis und Grabstätte nach eigenen Vorstellungen auszugestalten handle es sich um ein höchstpersönliches Anliegen, das durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sei. Dabei hat das Gericht auch ausgeführt, dass eine Härte die Verwertung des für die Bestattung angesparten Vermögens nur dann vorliege, wenn dies strickt zweckgebunden ist. Der Ansporn auf einem gewöhnlichen Konto reicht dafür nicht aus.
Bei Sterbegeldversicherungen und Bestattungsvorsorge ebenso wie Treuhandverträgen liegt aber eine Zweckbindung vor, sodass im entschiedenen Fall die Sterbegeldversicherung nicht verwertet werden muss. (Sozialgericht Gießen, Urteil vom 14.08.2018 – S 18 SO 65/16).

Schulte Anwaltskanzlei
Antje Schmidt
Fachanwältin für Sozialrecht


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