Familienrecht: Besteht eine Unterhaltsverpflichtung während des Freiwilligen Sozialen Jahres?

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 04.04.2018 (Aktenzeichen: 2 UF 135/17) einen Fall entschieden, wo es um die Berechtigung einer Unterhaltsverpflichtung während eines Freiwilligen Sozialen Jahres ging.

Kindesunterhalt wird geschuldet bis zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit des Kindes, das heißt also auch während einer Ausbildung, wenn das Kind seinen Bedarf nicht z.B. durch eine Ausbildungsvergütung selbst decken kann.
Das Freiwillige Soziale Jahr stellt jetzt keine Ausbildung dar.

In dem vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschiedenen Fall war der Kindesunterhaltsanspruch des Sohnes des Antragsgegners streitig, der mit 17 1/2 Jahren ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Deutschen Roten Kreuz begann. Die Kindeseltern lebten in Trennung, der Sohn lebte im Haushalt der Mutter.
Da der Sohn noch minderjährig war, hat die Kindesmutter für ihn den Kindesunterhaltsanspruch gerichtlich geltend macht. Das zunächst angerufene Amtsgericht hat den Kindesvater auch zur Unterhaltszahlung verpflichtet.
Hiergegen hat er Beschwerde eingelegt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte nunmehr die grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters während des Freiwilligenjahres. Geändert wurde das Urteil des Amtsgerichts nur bezüglich der Höhe des Kindesunterhaltes.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat seine Entscheidung so begründet, dass entgegen der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur viel dafür spricht, dass für die Zeit eines Freiwilligenjahres grundsätzlich ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt anzuerkennen sei. Neben einer „beruflichen Orientierungs- und Arbeitserfahrung“ vermittele der Jugend-Freiwilligendienst auch wichtige personale und soziale Kompetenzen, die als Schlüsselkompetenz noch die Arbeitmarktchancen verbessern.

Dies könne nach Auffassung des Gerichts schon rechtfertigen, einen Unterhaltsanspruch während des Freiwilligenjahres grundsätzlich anzuerkennen, auch wenn die Tätigkeit nicht konkret für die weitere Ausbildung des Kindes erforderlich ist. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ging soweit, dass die eigentlich vorherrschende Meinung bezüglich der Obliegenheit des Kindes, nach Abschluss der Schulbildung alsbald eine Berufsausbildung zu beginnen und sie mit entsprechend Fleiß und gebotener Zielstrebigkeit in einer angemessenen Zeit zu beenden, zu hinterfragen sei.

Im konkreten Fall würde unabhängig davon noch Bedeutung erlangen, dass der Sohn zum Zeitpunkt des Beginns des Freiwilligenjahres noch minderjährig gewesen sei. Zudem sei ihm im Rahmen seiner beruflichen Orientierung empfohlen worden vor Beginn der von ihm angestrengten Ausbildung zum Altenpfleger im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres zu erproben, ob er dafür geeignet sei.

Das Freiwillige Soziale Jahr sei mithin nicht zur Voraussetzung für die Ausbildung geworden. Das Gericht bewertete es aber so, dass das Freiwillige Soziale Jahr im weitesten Sinne der Berufsfindung gedient habe. Da man auch jungen Volljährigen nach der Rechtssprechung des BSG eine sogenannte „Orientierungs- und Erprobungsphase“ während der Berufsfindung zusteht und den Eltern abverlangt wird, hier gewisse Verzögerungen in der Ausbildung hinzunehmen und dafür finanziell aufzukommen, rechtfertige dies auch eine Unterhaltsverpflichtung in dem entschiedenen Fall für das Freiwillige Soziale Jahr.

Im Hinblick auf die Bedeutung und die erörterten Rechtsfragen hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Es kann also durchaus sein, dass sich der Bundesgerichtshof noch mit diesem Fall beschäftigt.

Schulte Anwaltskanzlei
Antje Schmidt
Rechtsanwältin


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