Geschwindigkeitsmessung mit "PoliScan Speed" - Wegfall des Fahrverbotes

Ein Fahrverbot von einem Monat gemäß § 25 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) ist dann besonders hart, wenn man auf die Fahrerlaubnis beruflich angewiesen ist. So war es bei dem Mandanten, der als Führungskraft der mittleren Ebene sehr viel im Außendienst unterwegs war. Umso unangenehmer war der Vorwurf des Landes Brandenburg, er habe außerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 34 km/h überschritten, was eine Verletzung der Vorschriften § 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, § 49 StVO, § 24 StVG; 11.3.6 Bußgeldkatalog-Verordnung, § 4 Abs. 2 BKatV, § 25 Abs. 2 a StVG bedeuten sollte. Mit anderen Worten drohte eine Geldbuße i.H.v. 145 € zzgl. 28,50 € Gebühren und Auslagen. Das war aber nicht das Schlimmste, sondern das Fahrverbot gemäß § 25 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Danach droht immer dann ein Fahrverbot, wenn innerhalb eines Jahres eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h erfolgte. So war es bei dem Mandanten.

Mit diesem Anliegen wandte sich der Mandant an die Rechtsanwälte der Schulte Anwaltskanzlei in Chemnitz. Ihm war es besonders wichtig, das Fahrverbot zu Fall zu bringen. Besonderes Problem war insofern, als die Angelegenheit mittlerweile im Amtsgericht Lübben im Spreewald anhängig war, von dort aus wurde auch schon ein Termin bestimmt. Eile war daher geboten.

Wir baten daher zunächst unseren Sachverständigen, die behauptete Messung zu überprüfen. Es handelte sich um eine solche mit dem Geschwindigkeitsüberwachungsgerät/Laser Geschwindigkeitsmessgerät VITRONIC PoliScan, ein äußerst zuverlässiges Gerät. Mit diesem wird die Fahrbahn auf der gesamten Breite durch eine Vielzahl von kurzen Lichtimpulsen in einem Abstand von 10 m bis 75 m vom Messgerät gescannt. Dabei wird für jedes Fahrzeug im Messbereich eine mittlere Geschwindigkeit berechnet. Ein Beweisfoto wird gefertigt. Innerhalb eines gewissen Rahmens muss sich ein Vorderrad bzw. ein Hinterrad bei einer Heckmessung sowie das Kennzeichen befinden. Weitere Verkehrsteilnehmer, welche sich in der gleichen Richtung auf der gleichen oder einer benachbarten Fahrtrichtung bewegen, dürfen nicht innerhalb dieses Hilfsrahmens zu erkennen sein. Die Unterkante des Rahmens muss unterhalb der Räder des gemessenen Fahrzeuges liegen. Andernfalls ist das Beweisfoto zu verwerfen.

Unser Sachverständiger forderte von den Behörden sämtliche vorliegenden Unterlagen ab. Bei der Überprüfung der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung konnten Sachverständigen Seitz keine Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, welche das Messgerät aus technischer Sicht zwingend infrage stellten. Das Lichtbild des Betroffenen verfügt über die notwendigen Sicherheitsmerkmale, welche zur amtlichen Verwertung des Beweisfotos notwendig sind. Das Fahrzeug des Betroffenen befand sich in einer logischen Fotoposition. Das Messgerät war gemäß Eichschein zum Zeitpunkt der Messung gültig geeicht. Dies konnte allerdings anhand der übersandten Akte nicht festgestellt werden.

In einem Schriftsatz an das Amtsgericht Lübben wurden zunächst zahlreiche Beweisanträge gestellt und die amtliche Messung infrage gestellt. Ausweislich der amtlichen Akte war festzustellen, dass an dem Messgerät in der Vergangenheit zahlreiche Tätigkeiten durchgeführt worden waren. So wurde unter anderem an der WLAN Anlage gearbeitet einschließlich der Antenne. Mit anderen Worten konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um eichrelevante Tätigkeiten handelte, die eine erneute Eichung bedingten. Dies sollte ein gerichtlicher Sachverständiger nach unserem Willen überprüfen.

Des Weiteren wurde auf zahlreiche parallele Rechtsprechung hingewiesen, wonach die Messungen mit diesem Geschwindigkeitsmessgerät nicht den rechtsstaatlichen Vorgaben und denen der physikalisch – technischen Bundesanstalt genügte. Auch hier wurde die Einholung eines weiteren Sachverständigen Gutachtens beantragt.

Schließlich wurde hingewiesen auf einen bundesweit anerkannten Sachverständigen, der grundsätzlich im Ergebnis ernsthafte Zweifel an der Korrektheit von Geschwindigkeitsmessungen durch dieses Messgerät hatte. Auch hier wurde die Einholung eines weiteren Sachverständigen Gutachtens begehrt.

Schließlich haben wir das Gericht darauf hingewiesen, dass die so genannten Messwertrohdaten, welche zur Messwertbildung beitragen, nur innerhalb eines gewissen Messbereiches aufgenommen werden. Im vorliegenden Fall wurde der Messbereich allerdings überschritten, was nach unserer Behauptung zur Fehlerhaftigkeit der Messung geführt haben soll.

Ohne Verzicht auf die Argumentation zur nachfolgenden Ziff. 2. wird beantragt,

das Fahrverbot gegen angemessene Erhöhung der Geldbuße, z.B. Verdopplung, in Wegfall zu bringen.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 24.3.1996 – 2 BvR 616/91 entfalten die Fallbeschreibungen der Katalogordnung entsprechend der angewendeten Regelbeispielstechnik nur Indizwirkung. Sie entbindet den Richter, damit auch die Behörde nicht von der Pflicht, dem Schuldprinzip (Artikel 1 I, Artikel 20 III GG) und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip (Artikel 2 I i.V.m. Artikel 20 III GG) durch eine Gesamtwürdigung zu entsprechen, in die alle Umstände der Tat und die Sanktionsempfindlichkeit des Betroffenen einzustellen sind. Nach wie vor gilt, dass die Anordnung eines Fahrverbotes – gemessen an dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – bei einem einmaligen Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften in der Mehrzahl der Fälle keine angemessene, weil übermäßige Unrechtsfolge wäre. Der Richter ist an die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht gebunden. Ihm bleibt vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls in objektiver und subjektiver Hinsicht zu bestimmen, ob das gesamte Tatbild vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in solchem Maße abweicht, dass das Fahrverbot unangemessen wäre, mithin eine unverhältnismäßige Reaktion auf objektiv verwirklichtes Unrecht und subjektiv vorwerfbares Verhalten darstellt. Dies lässt den Gerichten hinreichend Raum und Entscheidungsfreiheit, um Verstößen im Straßenverkehr mit der nach den konkreten Umständen angemessenen Sanktionen zu begegnen und unnötige Härten zu vermeiden.

Diese Rechtsprechung sind auch die Obergerichte gefolgt. So führt der BGH im Beschluss vom 11.9.2007 – 4 StR 638/96 aus, dass des Einsatzes eines eindringlichen Erziehungsmittels es dann nicht bedarf zur Einwirkung auf den Verkehrsteilnehmer, der infolge eines Augenblicksversagens fahrlässig eine Verkehrsordnungswidrigkeit begeht, die auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterlaufen kann. Das objektive Gewicht seiner Tat findet in einem erhöhten Bußgeld hinreichend Ausdruck. Weitere „ Denkzettel und Besinnungsmaßnahmen „ sind nicht angezeigt.

Ausweislich der amtlichen Verwaltungsakte bezieht sich der Vorwurf auf den 18. April 2017 um 21:06 Uhr. Ausweislich der zur Verfügung gestellten Beweisfotos gibt es an diesem Tag zu dieser Uhrzeit wie nicht anders zu erwarten ist keinerlei erkennbaren, gleichgerichteten Verkehr. Mit anderen Worten, die Autobahn war frei und damit auch insoweit frei von Gefahren.

Ebenfalls erkennbar ist auf den zur Verfügung gestellten Beweisfotos, dass der Betroffene in Begleitung war.

Dies alles mag dazu beigetragen haben, dass der Betroffene abgelenkt war mit der weiteren Folge des Versagens in diesem Augenblick.

Warum Vorstehendes? Es soll aufgezeigt werden, dass das Fahrverbot den Betroffenen besonders hart treffen würde.

Objektiv wird ihm ein fahrlässiges Versagen vorgeworfen, was nach der Gesetzeslage und nach der Rechtsprechung natürlich nicht geschehen sollte. Es ist aber auch die Frage zu beantworten, ob das angedachte Fahrverbot nicht eine besondere Härte bedeutet, die das Ordnungswidrigkeitenrecht als Reaktion nicht will. Vielmehr ist zu berücksichtigen, ob auch andere Sanktionen ausreichen, dem Recht genüge zu tun und Gewähr bietet, dass eine andere Sanktion in Form einer Erhöhung der Geldbuße nicht ausreicht, den Betroffenen zu noch mehr Sorgfalt anzuhalten.

Allein dieses Verfahren ist schon geeignet, die gewünschte Folge herbeizuführen.

Nicht nur, dass der Betroffene persönliche und finanzielle Aufwendungen zu leisten hat zur Durchführung dieses Verfahrens, hinzu käme noch eine empfindlich erhöhte Geldbuße. Was aber noch mehr ins Gewicht fällt ist der von diesem Verfahren ausgehende Appell bezogen auf das Arbeitsverhältnis. Das Fahrverbot würde bedeuten, die Arbeitspflichten nicht erfüllen zu können. Die nachteilige Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis scheint doch insofern sicher zu sein. Dies bereitet dem Betroffenen auch entsprechende, anhaltende Sorge.

Schließlich darf für den Betroffenen erklärt werden, dass dieser insgesamt um es einmal anders auszudrücken, insofern mit sich selber bezogen auf den Vorwurf sehr unzufrieden ist, so dass er gewillt ist, alles dafür zu tun, dies in Zukunft zu vermeiden.

Es wird der gebeten, den vorstehenden Gedanken und der Argumentation unter Einbeziehung des Opportunitätsprinzips und dem Gnadengedanken zu folgen und dem Antrag stattzugeben.

Nach Heraussenden des Schriftsatzes wurde mit dem Richter des Amtsgerichtes Lübben telefoniert. Dieser zeigte sich einsichtig aber auch beeindruckt und war bereit, gegen Verdopplung der Geldbuße auf das Fahrverbot zu verzichten. Das war das, was dem Mandanten von großer Bedeutung war.

Wir sind sehr froh für den Mandanten, dies erreicht zu haben. Sehr hilfreich war die Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung.

Wie dem vorstehenden Verfahren aber auch zu entnehmen ist, kann man durchaus mit Gerichten bei entsprechender Argumentation verhandeln und einiges erreichen. Dies zeigt unser jahrelanges Tätigwerden und die Erfahrung der Schulte Anwaltskanzlei in Chemnitz.

Wollen Sie daran teilhaben, sprechen Sie bitte vor. Es lohnt sich.

Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL. M.
Rechtsanwalt


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