Medienrecht: Ist ein Facebook-Konto vererblich?

Ob ein Benutzerkonto bei Facebook mit den entsprechenden Inhalten vererblich ist, kann sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher von Relevanz sein. Immerhin stirbt alle 3 Minuten ein Nutzer von Facebook. 5 % aller aktiven Accounts werden praktisch nicht betrieben, weil der Nutzer verstorben ist.

Das Kammergericht Berlin hatte sich jetzt mit der Frage auseinanderzusetzen im Urteil vom 31. Mai 2017 – 21 U 9/16. Die Klägerin war die Mutter einer verstorbenen Tochter als Erbin. Beklagt war Facebook. Die verstorbene Tochter hatte bis zum Tod bei Facebook ein Nutzerkonto. Über die Inhalte hoffte die Mutter, an Informationen zu gelangen über den Tod der Tochter, die von einer U-Bahn überfahren wurde und in Folge dessen verstarb. Facebook reagiert in diesen Fällen aber so, dass nach dem Tod ein Zugang Dritter nicht möglich sein soll, so dass die Mutter der verstorbenen Tochter Klage erhob beim Landgericht Berlin und gewann, Facebook legte vor dem Kammergericht Berlin Berufung ein. Auf die Berufung gab der Senat Facebook recht. Das Post- und Fernmeldegeheimnis sei gemäß Art. 10 Abs. 1 GG unverletzlich. Dieser Schutz beziehe sich auch auf Nachrichten bei Facebook. Dies finde auch Ausdruck im Telekommunikationsgesetzes (TKG). § 88 Abs. 3 S. 1 TKG untersagt es, sich oder andere über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen Telekommunikation zu verschaffen. Dieser Schutz der Daten würde auch nicht durch das Erbrecht gemäß § 1922 BGB durchbrochen.

Infolge dieser Entscheidung werden die Anbieter sozialer Netzwerke oder von E-Mail-Accounts keine Daten des Erblassers an die Erben herausgeben.

Ich gehe davon aus, dass sich diese Rechtsprechung nicht durchsetzen wird. Die Parallele findet sich bei der Herausgabe von Krankenunterlagen. Die Krankenunterlagen unterliegen grundsätzlich dem Persönlichkeitsschutz und dürfen ohne ausdrückliche Erlaubnis von niemanden eingesehen werden außer vom behandelnden Arzt und dem Patienten selbst. Nach dem Tod heißt das, dass der postmortale Persönlichkeitsschutz sich fortsetzt und es auch nahen Verwandten oder Eheleuten verbietet, in die Krankenunterlagen zu schauen. Davon hat die Rechtsprechung aber zutreffenderweise Ausnahmen geschaffen. Eine Ausnahme ist ein berechtigtes Interesse des Erben. Geht es z.B. um die Frage, ob ein Patient an einem Behandlungsfehler gestorben ist und stehen Schadensersatz Ansprüche im Raum, die auf die Erben übergegangen sind, geht die Rechtsprechung regelmäßig von einem berechtigten Interesse des Erben aus an Einsicht in die Krankenunterlagen. Es ist auch vernünftig und wenig verständlich, warum das Kammergericht Berlin so entschied. Denn hier hatte wohl auch die Mutter der verstorbenen Tochter ein berechtigtes Interesse zu erfahren, wie ihre Tochter zu Tode gekommen ist und ob möglicherweise Schadensersatzansprüche im Raume stehen.

Die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung bleibt also abzuwarten. Vielleicht greift auch der Gesetzgeber ein, was ebenfalls zu begrüßen wäre.

Der Situation kann insofern vorgebeugt werden, als durch eine Vollmacht, am besten durch eine Vorsorgevollmacht klargestellt wird, dass der Bevollmächtigte, regelmäßig Verwandte und Eheleute vollständigen Zugriff auf das Nutzerkonto erhalten, dieses kündigen können. Wer jetzt eine derartige Regelung noch nicht hat, dem sei dazu dringend angeraten.

Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt


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