Mietrecht: Einwand des Rechtsmissbrauchs aufgrund widersprüchlichen Verhaltens des Vermieters

In seiner Entscheidung vom 30.01.2019 zum Aktenzeichen 4 S 233/18 sprach das Landgericht Stuttgart eine Selbstverständlichkeit aus.

Ein Vermieter kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer vom Mieter ausgesprochenen fristlosen Kündigung berufen, wenn der Vermieter selbst bereits zwei fristlose Kündigungen ausgesprochen hat und deswegen einen Räumungsprozess gegen den Mieter führt. Der Vermieter würde sich widersprüchlich verhalten, was den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründet.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 2016 sprach der Vermieter einer Wohnung gegenüber der Mieterin eine fristlose Kündigung aus. Es kam nachfolgend zu einem Räumungsprozess, in dem erkennbar wurde, dass die Kündigung wohl unwirksam ist. Der Vermieter sprach daraufhin im November 2017 eine erneute fristlose Kündigung aus. Nachdem der Prozess im Mai 2018 immer noch nicht beendet war, sprach schließlich die Mieterin selbst eine fristlose Kündigung aus und gab die Wohnung dem Vermieter zurück. Der Vermieter hielt nun seinerseits die fristlose Kündigung für unwirksam und bestand auf eine Mietzahlung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist im August 2018. Zugleich war er weiterhin der Meinung, dass das Mietverhältnis bereits seit seiner fristlosen Kündigung vom Juli 2016 beendet sei. Da die Mieterin im Mai 2018 ausgezogen war, erklärte der Vermieter den Räumungsprozess für erledigt und erhob Klage auf Zahlung der Mieten bis August 2018. Zunächst entschied das Amtsgericht Stuttgart. Nunmehr musste das Landgericht Stuttgart eine Entscheidung treffen.

Das Landgericht Stuttgart entschied gegen den Vermieter. Ihm stehe kein Anspruch auf Mietzahlungen bis August 2018 zu. Durch sein vorangegangenes Verhalten habe er gezeigt, dass ihm an einem sofortigen Freiwerden der Wohnung gelegen sei und er mit allen Mitteln dieses Ziel verfolge. Er verhalte sich daher widersprüchlich, wenn er zugleich darauf beharrt, dass die Mieterin erst nach Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist aus dem Mietverhältnis kommt. Seine Forderung auf fortgesetzte Mietzahlung sei aufgrund dieses Widerspruchs rechtsmissbräuchlich.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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