Mietrecht: Heranziehung des Mietspiegels einer Nachbargemeinde

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 21.08.2019 zum Aktenzeichen VIII ZR 255/18 zu den Anforderungen an die Vergleichbarkeit zweier Gemeinden, wenn der Vermieter zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens auf den Mietspiegel der Nachbargemeinde Bezug nimmt, Stellung genommen.

In kleineren Gemeinden besteht in vielen Fällen kein Mietspiegel. Unter welchen Voraussetzungen kann ein für die Nachbargemeinde bestehender Mietspiegel zur Begründung der ortsüblichen Vergleichsmiete in der eigenen Gemeinde herangezogen werden? Ausgangspunkt ist die gesetzliche Regelung in § 558 a Abs. 4 S. 2 BGB: „Ist in dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter seine Erklärung abgibt, kein Mietspiegel vorhanden, …, so kann auch ein anderer, insbesondere … ein Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde verwendet werden.“

Der Bundesgerichtshof hatte in dem genannten Urteil konkretere Vorgaben zur Vergleichbarkeit zweier Gemeinden gemacht.

Es sei eine Gesamtbetrachtung aller Kriterien des jeweiligen Einzelfalls und deren anschließende Gewichtung und Abwägung erforderlich. Der Vermieter dürfe die Vergleichbarkeit also nicht schon dann bejahen, wenn die Vergleichbarkeit nicht „offensichtlich unbegründet“ sei. Eine solche Absenkung der Maßstäbe sei zu weitgehend.

In die Abwägung mit einzubeziehen seien beispielsweise die folgenden Kriterien: Einwohnerzahl der Gemeinde, Stellung als sog. Oberzentrum mit überörtlichen Einrichtung, Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, Angrenzen an gemeinsamen Großraum, gemeinsamer Verkehrsverbund, Bevölkerungsdichte.

Die Beantwortung der Frage, ob es sich bei den betreffenden Orten um vergleichbare Gemeinden im Sinne von § 558 a Abs. 4 Satz 2 BGB handelt, obliegt in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter. Die hierzu vom Tatrichter vorzunehmende Gewichtung und Würdigung ist revisionsrechtlich regelmäßig nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt hat, ob es Denkgesetze und allgemeine Erfahrungsgrundsätze hinreichend beachtet hat oder ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, indem es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat

Die Benennung von Vergleichsmieten als Alternative zur Heranziehung eines Mietspiegels der Nachbargemeinde kann daher eine größere Sicherheit im Vorfeld bieten.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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