Reiserecht: Erstattung von Anwaltskosten bei Flugverspätung

Das Landgericht Frankfurt am Main hat in seiner Entscheidung vom 06.09.2018 zum Aktenzeichen 2 – 24 S 340/17 die verklagte Fluggesellschaft zur Freistellung bzw. Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Streitigkeiten zum Pauschalreiserecht verurteilt. Ein Anspruch auf Erstattung/Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 1, 7 Fluggastrechteverordnung, da von einem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen Fluggast und ausführendem Luftfahrtunternehmen auf der Grundlage der Fluggastrechteverordnung auszugehen sei. Bei den Ansprüchen auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung handele es sich um gesetzliche Ansprüche auf vertraglicher Grundlage. Die Kosten, die einem Fluggast durch Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung seiner Ansprüche entstehen, stellen sich als ein adäquat-kausaler Schaden aus der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der Pflichten aus der Fluggastrechteverordnung dar.

Der Fluggast könne sofort den Rechtsanwalt mit der erstmaligen Geltendmachung einer Ausgleichsleistung wegen Annullierung, Nichtbeförderung oder großer Verspätung beauftragen und könne die dafür entstandenen Kosten von der Fluggesellschaft verlangen, es sei denn, die Fluggesellschaft hat die in Art. 14 Abs. 1 und 2 Fluggastrechteverordnung vorgesehenen Informationen dem Fluggast vorher erteilt. Insoweit hat die betroffene Fluggesellschaft nach Art. 14 Abs. 2 Fluggastrechteverordnung jedem von einer Annullierung, Beförderungsverweigerung oder mehr als dreistündigen Verspätung betroffenen Fluggast einen schriftlichen Hinweis auszuhändigen, indem die Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gemäß der Fluggastrechteverordnung dargelegt werden. Wo es an der hinreichenden schriftlichen Unterrichtung des betroffenen Fluggastes jedoch fehlt, ergibt sich im Umkehrschluss nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2016 die Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ohne vorherige eigene Geltendmachung des Fluggastes. Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen dem Schadensrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, bei dem, z.B. bei der Abwicklung von Verkehrsunfällen, die Kosten für den sofort nach dem Unfall eingeschalteten Rechtsanwalt anerkanntermaßen als eigene Schadens- und Anspruchsposition gegen den Schädiger geltend gemacht und durchgesetzt werden können.

Wer also selbst kein Interesse daran hat sich mit der Fluggesellschaft zu streiten und dem auch vorher kein entsprechender Hinweis gegeben worden ist, kann sofort einen Rechtsanwalt einschalten und die hierfür entstehenden Kosten von der Gegenseite erstattet verlangen.

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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