Sozialrecht: Ist die Herabsetzung einer Verletztenrente berechtigt, wenn der Unfallverletzte eine neue prothetische Versorgung erhalten hat?

Das Bundessozialgericht hatte im Dezember 2016 eine Entscheidung zu treffen, ob die Herabsetzung einer Verletztenrente bei einer neuen prothetischen Versorgung gerechtfertigt ist.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Versicherte hatte im Jahre 1998 als Schüler einen so schweren Unfall erlitten, der letztlich zur Amputation des linken Beines im Bereich des Oberschenkels führte. Er wurde mit einer Prothese versorgt. Die zuständige Unfallkasse bewilligte eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70.
Im März 2006 wurde der Versicherte mit einer mikroprozessorgesteuerten Oberschenkelprothese versorgt.

Dies nahm die Unfallkasse zum Anlass, wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nur noch eine geringere Verletztenrente nach einer MdE von 60 vom Hundert zu zahlen.
Durch die Versorgung mit der mikroprozessgesteuerten Prothese (sogenannte C-Leg-Prothese) sei eine deutliche Funktionsverbesserung des linken Beines eingetreten.

Der Versicherte wehrte sich gegen die Herabsetzung und hatte hier in allen Instanzen Erfolg.

Auch das Bundessozialgericht wies die Revision der beklagten Unfallkasse zurück.

Das Bundessozialgericht hat darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für die Herabsetzung der bisher gewährten Verletztenrente nicht vorliegen, durch die neue prothetische Versorgung sei es nicht zu einer wesentlichen Änderung gekommen. Die neue Prothese bewirke keine entscheidende Verbesserung der Erwerbsfähigkeit.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit wird in der Praxis von medizinischen Sachverständigen anhand sogenannter MdE-Tabellen eingeschätzt. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die vom Landessozialgericht in der Vorinstanz herangezogene MdE-Tabelle, die aktuell keine Differenzierung nach der Qualität der jeweiligen Oberschenkelprothese vornimmt, nicht zu beanstanden ist.
Diese Tabelle sieht einen konkreten Wert für den Verlust des Oberschenkels im mittleren und unteren Drittel vor. Eine Änderung dieses Tabellenwertes ist bisher nicht erfolgt.

Auch nach der wohl überwiegenden Auffassung der unfallmedizinischen Literatur ist nicht noch zusätzlich nach der Qualität der Prothese zu differenzieren (Urteil Bundessozialgericht vom 20.12.2016, B 2 U 11/15 R).

Antje Schmidt, Fachanwältin für Sozialrecht


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