Sozialrecht: Jobcenter darf Anforderung bei der Vorlage von Unterlagen eines Selbstständigen nicht überspannen

Es ist gar nicht so selten, dass bei selbstständiger Tätigkeit ergänzend Leistungen nach dem SGB II bezogen werden, weil die Einkünfte nicht ausreichen, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Regelmäßig werden Leistungen durch das Jobcenter in diesem Fall zunächst vorläufig bewilligt auf der Basis einer eingereichten Schätzung der zu erwartenden Einkünfte. Nach Abschluss des Zeitraumes, für den Leistungen bewilligt worden, erfolgt die endgültige Festsetzung. Hierbei sind dann entsprechende Nachweise, das heißt Belege vorzulegen.

Das Sozialgericht Dresden hat im Januar 2018 mit Urteil vom 11.01.2018 – S 52 AS 4382/17 entschieden, dass das Jobcenter bei der Anforderung von Unterlagen von sogenannten Aufstockern keine zu hohen Hürden setzen darf. So darf das Jobcenter die Annahme von Originalunterlagen nicht verweigern.

Auch wenn erst im Widerspruchsverfahren genauere Angaben gemacht werden, müssen diese vom Jobcenter berücksichtigt werden. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren war der Kläger als Bauingenieur selbstständig und hat ergänzend Leistungen nach dem SGB II bezogen. Das vom ihm geschätzte Einkommen betrug nur ca. 100 € im Monat. Das Jobcenter bewilligte daraufhin vorläufig Leistungen von mehreren 100 € im Monat. Ende 2016 wurde der Kläger dann aufgefordert für die letzten 4 Jahre vollständige Nachweise zu seinen Einkünften vorzulegen. Das Jobcenter wies daraufhin, dass Originalbelege nicht mehr entgegengenommen würden. Der Kläger reagierte zunächst nicht, daraufhin wurde vom Jobcenter der Anspruch für die letzten 4 Jahre mit monatlich 0 € festgelegt und über 31.000 € zurückgefordert. Dagegen wandte sich der Kläger und wies daraufhin, dass er die Unterlagen eingereicht hat, bot jedoch eine erneute Übersendung an. Dies wurde vom Jobcenter zu Unrecht abgelehnt. Es wurde klargestellt, dass auch im Widerspruchsverfahren Angaben nachgeholt werden können und so dann durch das Jobcenter eine Berechnung erfolgen muss. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer Gesetzesänderung in § 41 a Abs. 3 SGB II. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Rückweisung von Originalunterlagen unzulässig ist. Das Sozialverfahren wäre für den Leistungsempfänger gebühren- und auslagenfrei, dies heißt konkret, er muss auch keine Kopien auf eigene Kosten fertigen. Wenn die Sozialbehörde Kopien von Unterlagen benötige, könne sie die Kosten hierfür nicht auf die Leistungsbezieher abwälzen. Im Ergebnis hat das Sozialgericht Dresden die Festsetzungs- und Erstattungsbescheide aufgehoben und wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Sprungrevision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Schulte Anwaltskanzlei
Antje Schmidt
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht


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