Sozialrecht: Krankengeldanspruch auch bei irrtümlichem Nichterstellen einer AU-Bescheinigung durch den Arzt

Krankengeldzahlungen sind häufig Streitpunkt zwischen Versicherten und der Krankenkasse.

Im Juli 2015 gab es deshalb bereits eine Gesetzesänderung.
Demnach besteht ein Anspruch auf Krankengeld jetzt bereits ab dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit – AU -, nicht erst – wie bisher – ab dem Tag danach. Bei einer Folge-Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit reicht es jetzt aus, wenn diese am nächsten Werktag nach dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird.
Bis 22.07.2015 war die Rechtslage eine andere. Hier hing die Weitergewährung von Krankengeld davon ab, dass am letzten Tag der bestehenden Arbeitsunfähigkeit für die Folgezeit erneut Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird.

Diese Regelung hat sehr häufig die Sozialgerichte beschäftigt.
Das Bundessozialgericht hat am 11.05.2017 in einem solchen Fall entschieden.
Hier war streitgegenständlich ein Fall aus dem Jahre 2012/2013. Die Klägerin in dem Verfahren hat am letzten Tag der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeitsdauer ihren Hausarzt aufgesucht.
Dieser war der Ansicht, dass der Klägerin nicht erneut Arbeitsunfähigkeit zu attestieren wäre, weil sie am Folgetag einen Termin bei einer Fachärztin hatte, wo die Arbeitsunfähigkeit dann auch tatsächlich weiter bescheinigt wurde.
Die Klägerin in dem Verfahren hatte also zeitgerecht persönlich einen Vertragsarzt aufgesucht.
Das Bundessozialgericht hat letztlich entschieden, dass die Krankenkasse eine Krankengeldzahlung nicht verweigern darf, wenn der Arzt die Ausstellung einer AU-Bescheinigung irrtümlich aus nichtmedizinischen Gründen unterlässt (Aktenzeichen: B 3 KR 22/15 R 9).

In einem weiteren ebenfalls am 11.05.2017 vor dem Bundessozialgericht verhandelten Fall hatte es der Arzt schlichtweg versäumt eine Folge-AU-Bescheinigung auszustellen und hat nachträglich die durchgehende Arbeitsunfähigkeit bejaht.
Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass der Versicherte auch nicht auf ungewisse Regressansprüche gegen den Arzt verwiesen werden darf. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ist eine rückwirkende AU-Attestierung erlaubt.
Deshalb kann nicht angenommen werden, dass ein Vertragsarzt weiß, dass ein solches Attest zum Verlust langzeitiger Krankengeldansprüche des Versicherten führt.

Antje Schmidt
Fachanwältin für Sozialrecht


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