Unwirksame Kündigung bei Massenentlassung!

In diesen schwierigen Zeiten werden viele Arbeitnehmer gekündigt werden. Das Kündigungsschutzgesetz fordert in den §§ 17 ff. bei größeren Betrieben die Beachtung von besonderen Anforderungen. Denn wenn in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und mehr Arbeitnehmern innerhalb von 30 Kalendertagen mehr als 5 Arbeitnehmer und gestaffelt nach der Größe des Betriebes auch mehr Arbeitnehmer entlassen werden, muss zuvor form- und fristgerecht bei der Bundesagentur für Arbeit Anzeige erstattet werden. Macht hier der Arbeitgeber Fehler, kann dies zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, wenn dies im Rahmen der innerhalb von 3 Wochen erhobenen Kündigungsschutzklage entsprechend eingewandt wird. Über diese Problematik hatte jetzt erneut das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 27. Februar 2020 – 8 AZR 215/19 – zu entscheiden. In der Pressemitteilung heißt es dazu:

„Kündigungen des Cockpit-Personals von Air Berlin wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam – Die Frage eines etwaigen Betriebs(teil)übergangs kann offen bleiben Die Massenentlassungsanzeige nach der Bestimmung des § 17 Abs. 1 KSchG, die im Einklang mit Art. 3 der Richtlinie 98/59/EG auszulegen ist, ist bei der Agentur für Arbeit zu erstatten, in deren Bezirk die Auswirkungen der Massenentlassung auftreten.

Die Fluggesellschaft Air Berlin unterhielt an mehreren Flughäfen sog. Stationen. Diesen war Personal für die Bereiche Boden (soweit vorhanden), Kabine und Cockpit zugeordnet. Der Kläger war bei der Air Berlin als Flugkapitän beschäftigt und der Station Köln zugeordnet. Die Arbeitsverhältnisse des gesamten Cockpit-Personals – einschließlich das des Klägers – wurden nach der am 1. November 2017 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung wegen Stilllegung des Flugbetriebs Ende November 2017 gekündigt. Air Berlin erstattete die Massenentlassungsanzeige für den angenommenen „Betrieb Cockpit“ bezogen auf das gesamte bundesweit beschäftigte Cockpit-Personal bei der für ihren Sitz zuständigen Agentur für Arbeit Berlin-Nord. Dieses Betriebsverständnis entsprach den bei der Air Berlin tarifvertraglich getrennt organisierten Vertretungen für das Boden-, Kabinen- und Cockpit-Personal (vgl. § 117 Abs. 2 BetrVG) und trug der zentralen Steuerung des Flugbetriebs Rechnung.

Der Kläger hat die Stilllegungsentscheidung bestritten und die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung geltend gemacht. Der Flugbetrieb werde durch andere Fluggesellschaften (teilweise) fortgeführt, darunter auch das sog. Wet Lease für eine andere Fluggesellschaft. Angesichts dessen habe eine Sozialauswahl nach dem KSchG durchgeführt werden müssen. Die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft. Die Vorinstanzen haben die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.

Wie bereits der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden hat, handelte es sich ausgehend von dem durch die Richtlinie 98/59/EG determinierten Betriebsbegriff bei den Stationen der Air Berlin um Betriebe iSd. § 17 Abs. 1 KSchG (vgl. Pressemitteilung Nr. 7/20). Folglich hätte die Massenentlassungsanzeige für das der Station Köln zugeordnete Cockpit-Personal bei der dafür zuständigen Agentur für Arbeit in Köln erfolgen müssen. Die Anzeige hätte zudem nicht auf Angaben zum Cockpit-Personal beschränkt sein dürfen. Die nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG zwingend erforderlichen Angaben hätten vielmehr auch das der Station Köln etwa zugeordnete Boden-Personal und das dieser Station zugeordnete Kabinen-Personal erfassen müssen. Die Anzeige bei der örtlich unzuständigen Agentur für Arbeit Berlin-Nord, die zudem nicht die erforderlichen Angaben enthielt, bewirkt die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung nach § 17 Abs. 1 KSchG, § 134 BGB.

Die Frage eines etwaigen Betriebs(teil)übergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, der im Einklang mit der Richtlinie 2001/23/EG auszulegen ist, sowie die sich ggf. anschließende Frage einer etwa erforderlichen Sozialauswahl nach dem KSchG kann deshalb offen bleiben. Allerdings ist nach den bisher vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen und dem unstreitigen Parteivorbringen im Übrigen nicht auszuschließen, dass die Kündigung auch mangels sozialer Rechtfertigung unwirksam ist. Es spricht zwar nichts dafür, dass die sog. Stationen „wirtschaftliche Einheiten“ iSv. § 613a BGB und der Richtlinie 2001/23/EG waren. Anderes könnte jedoch für das sog. Wet Lease für eine andere Fluggesellschaft in Betracht kommen, das von einer weiteren Fluggesellschaft fortgesetzt wurde.“.

Die Entscheidung ist keine Überraschung, dennoch muss ich Ihnen diese mitteilen. Denn jetzt in diesen schlimmen Zeiten werden auch viele Arbeitnehmer von größeren Unternehmen gekündigt werden. Bei der sogenannten Massenentlassungsanzeige machen die Arbeitgeber oft Fehler, sodass die Chance für den Erhalt des Arbeitsplatzes bei Erhebung einer Kündigungsschutzklage steigt.
Versäumen Sie bitte diese Chance nicht! Sprechen sie sofort nach Erhalt der Kündigung bei Rechtsanwalt Thomas Schulte LL.M., Fachanwalt für Arbeitsrecht, Schulte Anwaltskanzlei, Clausstraße 72, 09126 Chemnitz vor. Unverzügliches Handeln ist teilweise zwingend notwendig.

Ihnen und Ihrer Familie alles Gute, bleiben sie behütet.

Schulte Anwaltskanzlei
Thomas Schulte LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht


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