Verkehrsrecht: Parkplatzunfall beim Rückwärtsfahren

Wir vertreten einen Mandanten, der beim Ausfahren vorwärts aus einer Parklücke auf einem Kundenparkplatz eines Einkaufszentrums von einem neben ihm aus einer Parklücke rückwärtsausfahrenden Personenkraftwagen angefahren worden ist. Unser Mandant stand mit seinem PKW einen Meter außerhalb der Parklücke als der rechts neben ihm zu 90 Grad versetzt durch einen Fahrbereich getrennt parkende, zunächst rückwärts nach rechts ausparkende dann jedoch rückwärts gerade ausfahrende Unfallgegner an den PKW unseres Mandanten anstieß. Der durch Sachverständigen festgestellte Schaden belief sich dabei einschließlich merkantiler Minderwert auf fast 2.000,00 €. Der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners hat mit der Begründung, dass der Unfall für beide Seiten gleichermaßen vermeidbar war eine Haftungsteilung von 50 zu 50 % angenommen. Zu Recht? Wir denken nicht und berufen uns etwa auf folgende höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2016.

Die Vorschrift des § 9 Abs. 5 StVO (Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.) ist auf Parkplätzen ohne eindeutigen Straßencharakter nicht unmittelbar anwendbar. Mittelbare Bedeutung erlangt sie aber über § 1 StVO. Entsprechend der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO muss sich auch derjenige, der auf einem Parkplatz Rückwärts fährt, so verhalten, dass er sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten kann. Kollidiert der Rückwärtsfahrende mit einem anderen Fahrzeug, so können zugunsten desjenigen, der sich auf ein unfallursächliches Verschulden des Rückwärtsfahrenden beruft, die Grundsätze des Anscheinsbeweises zur Anwendung kommen. Steht fest, dass sich die Kollision beim Rückwärtsfahren ereignete, der Rückwärtsfahrende zum Kollisionszeitpunkt selbst also noch nicht stand, so spricht auch bei Parkplatzunfällen ein allgemeiner Erfahrungssatz dafür, dass der Rückwärtsfahrende der dargestellten Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist und den Unfall dadurch (mit)verursacht hat. (Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.01.2016 – VI ZR 179/15).

Schulte Anwaltskanzlei
Jörg Schönfelder
Rechtsanwalt


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Wir setzen uns so für unsere Mandanten ein und bringen ihnen die Wertschätzung entgegen, wie wir es für uns in der Lage des Mandanten wünschen und erwarten würden.